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  • Die Wirkung monetärer Anreize auf den Rücklauf bei einer postalischen Befragung und die Antworten auf Fragen zur Delinquenz Zusammenfassung Im Rahmen einer Studie über Determinanten delinquenten Handelns wird ein Methodenexperiment durchgeführt, um die Frage zu klären, ob auch bei einem sensiblen und heiklen Thema wie Kriminalität die Rücklaufquote über monetäre Anreize beeinflusst werden kann. Hierbei wird aus austausch-bzw. werterwartungstheoretischer Sicht die Annahme der strikten Rationalität zurückgewiesen, dass im Voraus beigelegte monetäre Anreize nicht zur Erhöhung des Rücklaufs beitragen. Gerade bei einer kompletten Befragung, in der Befragte über ihr delinquentes Handeln berichten sollen, können dem Fragebogen beigelegte Geldbeträge eine vertrauensbildende Maßnahme darstellen, die zu vergleichsweise hohen Rücklaufquoten führt. Hingegen wird angenommen, dass lediglich versprochenes Geld zu einem niedrigeren Rücklauf führt. Des Weiteren ist zu klären, ob monetäre Anreize zu einem In the context of an empirical study on determinants of delinquent behavior, a methodological experiment is carried out to investigate whether also for a sensitive topic like crime the return quota can be influenced by monetary incentives. The theoretical implication of strict rationality namely that prepaid monetary incentives do not contribute to the return quota positively in postal interviews is questioned from the theoretical perspective of the social exchange theory as well as from the theory of subjectively expected utilities. In a survey in which people are asked to report about their former delinquent behavior and, in particular, about delinquency in the future, prepaid monetary incentives might be a confidence-building measure which results in comparatively high return quotas. Merely promising money might lead to a lower return since this strategy contributes to respondents' non-participation. Our em- Empirical results of an experiment 1 Einleitung 1 Bei Befragungen, in denen die Befragten selbst über ihr gesetzeswidriges und damit strafbares Handeln berichten sollen, tritt zum einen das methodische Problem auf, die Befragten generell zur Teilnahme an der (freiwilligen) Befragung zu bewegen. Zum anderen muss bei Teilnehmern sichergestellt werden, dass sie valide wie reliable Antworten liefern . Bei solchen, für die Befragten heiklen wie unangenehmen Fragen, müssen deswegen besondere Vorkehrungen getroffen werden, um die Anonymität der Angaben zu garantieren. Solche Vorkehrungen sind besonders bei Fragen zu rechtswidrigem Verhalten notwendig, wenn die Respondenten negative Sanktionen erwarten . Im ALLBUS 1990 und 2000 wurde beispielsweise die so genannte ‚sealed envelope technique' angewandt, die als ein geeignetes Vorgehen anzusehen ist, Befragten absolute Anonymität und Vertraulichkeit bei Fragen zu deren Delinquenz zu garantieren . Dadurch sollten sowohl verzerrte Antworten als auch Antwortverweigerungen unwahrscheinlicher werden. Für den ALLBUS 2000 konnte festgestellt werden, dass auch bei Verwendung eines vertraulichen, selbst auszufüllenden Fragebogens die ‚Overreporting' der Delinquenz führt. Die empirischen Befunde bestätigen unsere Annahmen eindeutig, auch wenn die sozialen Mechanismen der Reziprozität nicht direkt beobachtet werden. Ebenso zeigt sich, dass monetäre Anreize weder soziale Erwünschtheit noch ‚sponsorship effects' auslösen, die zu einem ‚Overreporting' von bereits begangenen oder antizipierten Straftaten führen. Schließlich bestätigte sich für sozialstrukturelle Merkmale und Korrelate des delinquenten Handelns, dass sich die drei Teilstichproben nicht systematisch voneinander unterscheiden. pirical findings confirm these assumptions. However, due to the lack of further information it remains unsolved, whether reciprocity and trust are actually the main mechanisms important for filling out and returning the questionnaire. Furthermore, we find that monetary incentives do not contribute to overreporting delinquency due to social desirability. Finally, there are indications that the three partial samples do not differ significantly with regard to social background and other characteristics correlating with delinquency. Merkmale der Interviewer und der Interviewsituation die Tendenzen des Befragten zu Antwortverweigerungen oder zu ‚wahren' Antworten zum delinquenten Handeln beeinflussen . Aufgrund dieser Interview-und Interviewereffekte wird die postalische Befragung (mail survey) als besonders geeignete Befragungsmethode favorisiert . Denn bei postalischen Befragungen, die den Befragten oftmals als weniger aufdringlich erscheinen als andere Befragungsmethoden, sind Anonymitätsgarantien eindeutig und Interviewereffekte ausgeschlossen . Dieser Vorschlag wird durch eine Vielzahl methodischer Studien empirisch gestützt. So zeigen beispielsweise , dass bei Fragen zu rechtswidrigem Verhalten die postalische Befragung eher ‚wahre' Antworten erzielt als andere Befragungsmethoden. Soziale Erwünschtheitseffekte bei heiklen Fragen sind bei postalischer Befragung generell seltener . Auch ist dann bei heiklen Fragen die Datenqualität besser: "In general, it is somewhat harder to have people answer questions in the mail survey as the higher items missing data indicates, but when the questions are answered, the resulting data are of better quality (more self-disclosure, more precision)" (de Leeuw 1992: 77). Diese Erkenntnisse haben uns dazu bewogen, im Vorfeld einer postalischen Befragung über kriminelles Handeln von erwachsenen Einwohnern in Bern, ein Methodenexperiment durchzuführen. Empirisch festgestellt werden soll, ob monetäre Anreize den Rücklauf bei einer kompletten Befragung zur eigenen Delinquenz in bedeutsamer Weise fördern. Zudem ist zu klären, ob monetäre Anreize auch die Qualität der Antworten auf Fragen zur Neigung für Delinquenz und Prävalenz strafbarer Handlungen in besonderer Weise beeinflussen. Wie zu Recht in seinem Literaturbericht feststellt, gibt es im deutschen Sprachraum (noch zu) wenige Erfahrungen mit unkonditional beim Erstkontakt gegebenen Geldbeträgen. Somit ist - anknüpfend an ein früheres Methodenexperiment mit einem anderen Design : Monetäre Anreize führen bei postalischen Befragungen zu höheren Rücklaufquoten als in den Fällen, in denen den Befragten kein Geld zum Fragebogen beigelegt wird . Aber es gibt offensichtlich keinen strikten linearen Zusammenhang zwischen der Höhe des Geldgeschenkes und dem Rücklauf in dem Sinne, dass die Antwortbereitschaft unbegrenzt mit steigendem Geldbetrag zunimmt . Entscheidend für die Steigerung des ‚Responses' ist, dass den Befragten beim Erstkontakt das Geld sofort und bedingungslos gemeinsam mit dem Fragebogen - als Gabe im Voraus -zukommt . Werden den Respondenten hingegen lediglich Geldbeträge in Aussicht gestellt, sofern sie den Fragebogen ausgefüllt zurückschicken, so sind die Rücklaufquoten oftmals signifikant niedriger, als wenn Respondenten den Geldbetrag bereits im Voraus gemeinsam mit dem Fragebogen erhalten . Offensichtlich bieten versprochene Geldbeträge - unabhängig von ihrer Höhe - keinen signifikanten zusätzlichen Anreiz für die Befragungspersonen, den Fragebogen auszufüllen und zurückzusenden . Eher weisen in der Zwischenzeit publizierte Ergebnisse darauf hin, dass Rücklaufquoten bei versprochenen Geldbeträgen tendenziell niedriger sind als wenn Befragungspersonen kein materieller Anreiz angeboten wird. Ebenso wenig effektiv ist es, den Befragten Teilnahmen an Lotterien oder die Möglichkeit, dass die Forscher in ihrem Namen für wohltätige Zwecke spenden, anzubieten . Befürchtungen, dass durch monetäre Vorleistungen systematische Verzerrungen in der realisierten Stichprobe entstehen oder die Qualität von Antworten (z. B. wegen sozialer Erwünschtheit oder Sponsorship-Effekte) und damit die Datenqualität beeinflusst werden können, scheinen auf den ersten Blick plausibel zu sein ). 2 Jedoch sind empirische Befunde dazu uneinheitlich . So weisen nach, dass ‚prepaid monetary incentives' geringe Effekte auf die sozialstrukturelle Zusammensetzung der Gruppe der Teilnehmer haben . hingegen stellt in seiner Studie fest, dass gerade untere Bildungs- und Sozialklassen überproportional erreicht werden. Zu anderen Befunden kommt zuvor : Die Gabe von 50 Cent (in US-Währung) resultierte in höheren Rücklaufquoten aus den Mittelschichten, während die unteren Sozialschichten eher auf versprochene Geldbeträge reagierten. Der Autorin zufolge scheint es so zu sein, dass sich die Klassendifferenzen im Rücklauf weiter erhöhen, wenn eine sofortige Belohnung mit steigenden Geldbeträgen erfolgt. Des Weiteren stellt fest, dass die Antworten der Befragten nicht durch die materiellen Anreize verzerrt werden; eher wird die Qualität der Angaben erhöht, da die ‚Incentives' die Befragten zu zusätzlichen Anstrengungen bei der Beteiligung an der postalischen Befragung und zu kompletten Antworten anreizen. Zu ähnlichen Befunden gelangen : Monetäre Geschenke erhöhen nicht nur den Rücklauf, sondern auch die Qualität der Daten infolge genauerer und vollständiger Angaben durch die . Diese Befunde werden durch bekräftigt: Monetäre Anreize im Voraus erhöhen gleichermaßen den ‚Response' wie die Wahrscheinlichkeit für komplette und konsistente Antworten (vgl. James/Bolstein 1990). Wie kann man erklären, dass monetäre Anreize, die als Vorleistungen den Befragten übergeben werden, zu vergleichsweise höheren Rücklaufquoten führen? Die Effektivität dieser Strategie und Maßnahme, die Rücklaufquote bei postalischen Befragungen zu erhöhen, wird in der Regel anhand entscheidungs-und handlungstheoretischer Ansätze erklärt: "Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die Annahme, dass die Entscheidung zur Teilnahme an einer (schriftlichen) Befragung nach Abwägung von Vorteilen (Nutzen) und Nachteilen (Kosten und Mühen) durch die zu befragende Person erfolgt: Nur wenn der erwartete Nutzen der Teilnahme die er-2 Denn mit einer hohen Ausschöpfungsquote ist die Datenqualität nicht von vornherein garantiert . So ist nicht ausgeschlossen, dass die Bereitschaft, auf Fragen zur eigenen Delinquenz zu antworten, wegen monetärer Anreize mit individuellen Dispositionen und sozialstrukturellen Merkmalen korreliert. Vor allem im Falle, dass die erhöhte Antwortbereitschaft mit Fragen der eigenen Delinquenz korreliert, erhält man ebenfalls eine erheblich verzerrte Stichprobe, die bei multivariaten Analysen zu irreführenden Ergebnissen über delinquentes Handeln führen kann. warteten Kosten überwiegt, sind Personen bereit, sich an einer Umfrage zu beteiligen" . Des Weiteren ist aus Gründen der ‚bounded rationality' anzunehmen, dass viele Menschen in einer Befragungssituation unentschlossen sind, da sie aufgrund fehlender oder unvollständiger Informationen entstehende Kosten und Nutzen nicht eindeutig diskontieren können. Gerade bei dem Thema ‚Kriminalität' sollte man davon ausgehen, dass die Gruppe der Unentschlossenen recht groß ist, weil die Befragten sich darüber unsicher sind, ob sie Informationen über eigenes kriminelles Handeln preisgeben sollen . So sind die extrinsische Motivation fördernde monetäre Geschenke zum einen deswegen wichtig, weil bei einer postalischen Befragung die Antwortverweigerung den Befragten leichter fällt als bei Anwesenheit eines Interviewers. Somit muss die Befragungsperson einen Nutzen für sich sehen, der durch zusätzliche Anreize garantiert scheint. Da zum anderen bei postalischen Befragungen in der Regel die Anonymität garantiert ist und wegen Abwesenheit des Interviewers auch keine unmittelbaren Sanktionen zu befürchten sind, steht dann eher die Kompensation anfallender Partizipationskosten zu Gunsten höherer Teilnahmebereitschaft im Vordergrund. So können Auch wenn die monetären Anreize zwar die Kosten-Nutzen-Abwägung der angeschriebenen Person beeinflussen, so müssen zum einen die Befragungspersonen bei anonymen Befragungen keine Konsequenzen erwarten, wenn sie das Geld ohne Gegenleistung behalten, weil zum anderen die Geldgeschenke kaum die Kosten der Teilnahme kompensieren und eher 4 Der restriktiven Rational Choice Theorie zufolge verhalten sich Individuen im Sinne einer perfekten Rationalität in jeder Entscheidungssituation in optimaler Weise nutzenmaximierend, da ihnen alle Informationen zu alternativen Handlungen und deren Konsequenzen bekannt sind. Hingegen kann aus der Perspektive der subjektiven Werterwartung davon ausgegangen werden, dass Personen aus einem subjektiv wahrgenommenen Set von Handlungsalternativen diejenige auswählen, von der sie sich den größtmöglichen subjektiven Nutzen erwarten. Da Menschen fehlbar, vergesslich und zuweilen auch bequem sind und nur über begrenzte Ressourcen (z. B. Zeit, kognitive Möglichkeiten, Gelegenheiten, etc.) zur Informationssuche und der Verarbeitung wahrgenommener Informationen verfügen, ist statt von einer perfekten eben von einer eingeschränkten Rationalität auszugehen. Individuen verwenden für die Analyse und Bewertung der sozialen Situation, Handlungsalternativen und Konsequenzen einfache kognitive Modelle und folgen diesen bei der Auswahl von Handlungen. Aufgrund dieser kognitiven und sozialen Restriktionen erfolgt die Wahrnehmung, Evaluation, Entscheidung und Handlung nach Kosten-Nutzen-Prinzipien, die für das Individuum zufrieden stellend sind und zu suboptimalen statt perfekt optimalen Ergebnissen führen. als zusätzlicher Nutzen definiert werden. Während in diesem Falle die Strategie ineffektiv ist, um den Rücklauf zu erhöhen, wäre das Versprechen von Geld als Gegenleistung für die Beantwortung des Fragebogens erfolgreicher: "Die Hypothese strikter Rationalität prognostiziert, dass versprochene, nicht aber beigelegte Geschenke die Ausschöpfungsquote erhöhen werden" . Aber die empirischen Befunde sprechen - wie bereits gesehen - gegen diese Hypothesen strikter Rationalität der Befragungspersonen. Ein Ausweg aus dem Erklärungsdilemma scheint die auf der Austauschtheorie beruhende Reziprozitätsthese zu sein (Dillmann 2000), die - weil die Austauschtheorie ebenfalls auf der Prämisse individueller Kosten-Nutzen-Abwägung aufbaut ) - ohne größere Schwierigkeiten in eine aufgeklärte Variante der Rational Choice Theorie wie etwa der Theorie subjektiver Werterwartung integriert werden kann. Eine (schriftliche) Befragung wird als sozialer Austausch verstanden , der dann zustande kommt, wenn beide Parteien - der Sozialforscher und die Befragungsperson - sowohl einen gewichtigen Grund zur Annahme haben, davon zu profitieren, als auch unterschiedliche Präferenzen und Bedürfnisse haben: Information gegen interessante Fragen. Der Unterschied in der Informiertheit beider Interaktionspartner ist Motivation für die befragte Person, den Fragebogen zu beantworten. Das an keine Bedingungen geknüpfte Geldgeschenk erfordert Nachgiebigkeit bei der Beantwortung gestellter Fragen. Demnach kann der monetäre Anreiz nicht den Nutzen aus der Teilnahme an der Befragung herstellen, da die Befragungsperson das Geld ohne Gegenleistung behalten kann: "Das Incentive eröffnet vielmehr eine soziale Austauschbeziehung mit dem Respondenten: Zunächst ohne Gegenleistung überreicht, fungiert es als ein ‚symbol of trust' und generiert ein Gefühl der sozialen Verpflichtung des Befragten, dem Wunsch nach einem Interview zu entsprechen. Die Interviewteilnahme stiftet so durch die Erfüllung der so genannten Reziprozitätsnorm dem Befragten einen zusätzlichen Nutzen. Die Reziprozitätsnorm besagt, dass man bemüht sein sollte, freiwillig gewährte Vergünstigungen in irgendeiner Form ‚zurückzuzahlen' . Der Wert des Incentives sollte vor diesem Hintergrund deshalb auch gegenüber den Befragten nicht als ‚Vergütung' für die Interviewteilnahme dargestellt werden. . Allerdings hätte die Befolgung der Reziprozitätsnorm die drohende Sanktionierung bei Nichtbefolgung als Voraussetzung; aber bei sozialwissenschaftlichen Befragungen ist die Teilnahme der Respondenten freiwillig und die Forscher verfügen über keine Sanktionsmöglichkeiten. So wird entsprechend der Austauschtheorie von die Gegenseitigkeit nicht durch soziale Normen erzwungen, sondern soziale Reziprozität als Ergebnis der Bedingungen, die dem Austauschprozess innewohnen, kann auch ohne normative Kontrollen bestehen. Denn Reziprozität entsteht durch das Interesse an dem Nutzen des sozialen Austauschs, der sich durch die Erfüllung von Verpflichtungen ergibt. Im Sinne der Überlegungen von begibt sich aber eine Befragungsperson, die eine Gabe des Sozialforschers nicht erwidert und somit einer Verpflichtung nicht nachkommt, in ein Abhängigkeitsverhältnis. Um eine Abhängigkeit zu verhindern, zumal diese eher mit Nachteilen als mit Vorteilen verbunden ist, versucht diese Person eine erwartete wie angemessene Gegenleistung zu erbringen und damit ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Da bei ‚mail surveys' keine Rückzahlungen im Vorfeld der Befragung vereinbart werden, verlangt eine Befragung als sozialer Austausch ein gewisses Maß an Vertrauen in sozialen Beziehungen zwischen Interviewer und Interviewten. Zu Anfang dieser Beziehung ist nur ein Minimum an Vertrauen notwendig, weil die Anfangsinvestition ein geringes Risiko birgt. Die implizite Forderung, sich als kooperative Befragungsperson erkenntlich zu zeigen, um weiteren Nutzen aus dem Austausch zu erlangen, dient als ein ‚starting mechanism' . Wenn Sozialforscher und Befragungsperson in Kontakt treten, bevor sich gemeinsame Normen, Ziele oder Erwartungen an das Interview als Austauschprozess herauskristallisiert haben, liefern die aus solchen Tauschbeziehungen resultierenden Vorteile auch die Motivation für die Befragung. Im Sinne der impliziten Rational Choice Theorie kann - wie bereits angesprochen - der Nutzen aus der Teilnahme an einer wissenschaftlichen Befragung aus dem Wunsch nach Artikulation der eigenen Meinung und Identität, der Unterstützung von Wissenschaft, dem Interesse am Thema der Befragung oder an sozialer Anerkennung als ‚gute' Befragungsperson, resultieren . Aus den theoretischen Ausführungen lassen sich folgende Hypothesen ableiten, die zu ‚erklären' vermögen, weshalb Befragungspersonen über monetäre Anreize zur Teilnahme an postalischen Befragungen motiviert werden können. Offensichtlich erzeugt das dem Fragebogen beigelegte Geld neben dem Gefühl der Reziprozität auch Vertrauen bei den angeschriebenen Befragungspersonen gegenüber den Forschern bzw. der Studie: "Sending the money with the questionnaire is a goodwill gesture that puts the sponsor and questionnaire in a positive light and sets the stage for the respondent to reciprocate with an appropriate gesture of completing the questionnaire" . Allerdings darf der Geldbetrag nicht allzu hoch sein (z. B. dem tatsächlichen Gegenwert der von der Befragungsperson zu erbringenden Leistung entsprechen), da dann ein auf Vertrauen basierendes Reziprozitätsverhältnis von den Befragungspersonen als geschäftsmäßiger Austausch definiert werden kann: "Unter diesem Gesichtspunkt wird die potentielle Befragungsperson dann prüfen, ob diese ‚Bezahlung' eine adäquate Vergütung für ihre Mühen darstellt" . (1) Im Unterschied zur restriktiven Hypothese strikter Rationalität wird aus austausch- und werterwartungstheoretischer Sicht erwartet, dass nicht allzu niedrige und nicht allzu hohe monetäre Anreize zur Erhöhung der Ausschöpfungs- und Rücklaufquoten von postalischen Befragungen -auch zu sensiblen und für die Befragten heiklen oder peinlichen Fragen zur eigenen Delinquenz - beitragen, da sie dann eher den Eindruck gewinnen, dass sich die Teilnahme lohnt bzw. ihnen wenigstens nicht schadet . Bei monetären Leistungen im Voraus werden die angeschriebenen Befragungspersonen eher antworten als diejenigen, die keine monetären Anreize erhalten haben. (2) Ebenfalls wird im Unterschied zur restriktiven Hypothese strikter Rationalität angenommen, dass ein versprochenes Geschenk nicht zur signifikanten Erhöhung der Rücklaufquoten postalischer Befragungen führt. Antworten gegen eine Entschädigung) aufgefasst werden kann, wird es zu einer geringen Teilnahmebereitschaft führen (vgl. Fox/Crask/Kim 1988). Zudem wird sich die Befragungsperson unsicher darüber sein, ob sie den ausgelobten Geldbetrag auch tatsächlich erhält; schließlich ist ihr das Forscherteam in der Regel unbekannt. Wenn sie sich trotz der Bemühungen der Forscher (z. B. informatives Anschreiben) nicht sicher sein können, das Geld nach der Beantwortung der Fragen zu erhalten, dann werden sie in der Regel auch nicht kooperieren. Daher ist zu erwarten, dass Befragungspersonen, denen Geld versprochen wird, seltener teilnehmen als diejenigen, denen kein Geld oder Geld im Voraus geboten wird. (3) Des Weiteren wird bezüglich der Neigung für gesetzeswidrige Handlungen und der selbstberichteten Prävalenz - insbesondere des ‚ehrlichen Geständnisses' früherer Delinquenz - aus handlungs- und entscheidungstheoretischer Sicht argumentiert, dass es keinen zwingenden Grund gibt, weshalb Befragte, die monetäre Anreize im Voraus erhalten haben, bei Antworten vom ‚wahren Wert' abweichen sollten . Es wird daher angenommen, dass monetäre Anreize nur Auswirkungen auf die Ausschöpfung haben, aber keine auf die (wahrheitsgemäße) Beantwortung auch von Fragen zur Delinquenz. Naheliegend wäre - wie dies typischerweise bei Wahlbefragungen der Fall ist (Hartmeier/ Fontana 2006) - ein so genanntes ‚Overreporting' von Straftaten bei den Personen, die bereits im Voraus mit einem Geldbetrag bedacht wurden. Aus Sicht des hier vertretenen aufgeklärten handlungs- und entscheidungstheoretischen Ansatzes ist dies jedoch recht unwahrscheinlich. (4) Ebenso unwahrscheinlich ist aus dieser theoretischen Perspektive eine Stichprobenselektivität infolge eines im Voraus gewährten Geldbetrages. Entsprechend der Reziprozitätsthese sollte die Gabe für alle Bevölkerungsgruppen im gleichen Maße wirksam sein. Es ist daher zu erwarten, dass etwaige Unterscheide zwischen den Befragtengruppen und den Stichproben, die entweder monetäre Anreize erhielten oder denen diese versprochen wurden, zufällig sind (vgl. Reuband/Blasius 1996: 307). . So könnte man annehmen, dass versprochene Gegenleistungen für einen beantworteten Fragebogen genau diese Reaktionen auslösen können, und somit ein ‚Response' eher wenig wahrscheinlich wird. Formalisieren wir unsere Hypothesen, dann ergeben sich folgende Ungleichungen für die Wirkung einer Gabe im Voraus (Geldgeschenk) und einer versprochenen Gabe als Gegenleistung (Entschädigung) im Vergleich dazu, dass den Befragungspersonen nichts geschenkt oder versprochen wird (kein Treatment): (1) und Der ersten Vergleichsgruppe (VG 1) wurde zu dem Fragebogen im Umfang von 20 Druckseiten (DIN A4 im maschinenlesbaren Layout sowie mit Foto des Bundeshauses und Bundesplatzes in Bern auf dem Deckblatt einschließlich einer kurzen Anleitung zum Ausfüllen des Fragebogens) und 88 Fragen eine 10-Franken-Banknote mit folgender Erläuterung beigefügt: "Als kleines Dankeschön für Ihre wertvolle Mitarbeit liegen diesem Schreiben 10 Franken bei. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und danken Ihnen bereits an dieser Stelle bestens für Ihr Interesse und Ihre Zusammenarbeit". 9 Der zweiten Vergleichsgruppe (VG 2) wurden 10 Franken als Dank für die Beantwortung des Fragebogens versprochen, die sie per Antwortkarte abrufen konnten: "Nach Erhalt der Postkarte senden wir Ihnen gerne ein kleines Dankeschön - nämlich 10 Franken - für Ihre wertvolle Mitarbeit zu. Wenn Sie die Postkarte zurückschicken, wissen wir zwar, dass Sie sich an unserer Umfrage beteiligt haben, nicht aber welcher der separat eingegangenen Fragebogen von Ihnen ausgefüllt wurde. Ihre Anonymität ist vollumfänglich gewährleistet. Ihre Adresse wird von uns gelöscht, sobald wir Ihnen die 10 Franken zugestellt haben". Die Kontrollgruppe (KG) erhielt lediglich den Fragebogen inklusive Anschreiben, jedoch keine monetären Anreize. Um diese drei Gruppen unterscheiden zu können, wurde jeder einzelne Fragebogen mit einer Nummer versehen. Diese dreistellige Zahl erschien auf jeder Seite des Fragebogens. Anhand dieser Nummer konnte der Fragebogen nach der Retournierung eindeutig einer der drei Untersuchungsgruppen zugeteilt werden. Neben der dreistelligen Nummer befand sich auf jeder Seite der Bogen auch noch eine weitere zehnstellige Zahl, welche für die von uns eingesetzte Scanner-Software (Teleform) notwendig war, die Fragebogen korrekt einzulesen. Die angeschriebenen Personen wurden im Begleitbrief darauf aufmerksam gemacht, dass die Fragebogen elektronisch erfasst werden und die auf dem Fragebogen aufgeführten Zahlen der korrekten Verarbeitung dienen. Sie wurden - entsprechend obigen Ausführungendarüber aufgeklärt, wieso ihre Fragebogen - trotz angeführter Ziffern - anonym Anhand der Versuchsbedingung kann der Vorhersagefehler für die Ausschöpfungsquote um 18% reduziert werden. Sie beträgt -ohne jegliches Nachfassen und abzüglich der Ausfälle - insgesamt rund 45% und ist für die Gruppe der Befragten, die das Geld im Voraus erhielten, mit 63% am höchsten, gefolgt von der Kontrollgruppe (39%). 11 Am geringsten ist mit einer Quote von 34% - wie ebenfalls theoretisch erwartet - die Ausschöpfung für die Gruppe der Befragten, denen das Geld versprochen wurde (vgl. Diekmann/Jann 2001). 12 Von den 56 Personen aus der VG 2 haben 49 Personen die Karte rechtzeitig retourniert und als Gegengabe auch die 10 Franken erhalten. Da weniger Personen die Karte als den Fragebogen zurück geschickt haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Personen Geld erschlichen haben, gering. Die (mittels logistischer Regression geschätzte) relative Chance, einen ausgefüllten Fragebogen zu erhalten, ist mit Geld als bedingungslose Vorleistung mehr als doppelt so hoch als ohne jeglichen Anreiz (Tabelle 2). Bei Kontrolle der Zeitabhängigkeit des Rücklaufs ist die Teilnahmebereitschaft der Personen, die bereits im Voraus den Geldbetrag von 10 Franken erhalten haben, um (2,039 - 1) * 100% = 104% höher pro Zeiteinheit als die der Kontrollgruppe. Die Rücklaufquoten sind bei den Befragten, denen das Geld im Tausch gegen den ausgefüllten Fragebogen versprochen wurde, niedriger als für die Kontrollgruppe, aber die Unterschiede sind statistisch nicht signifikant. Ohne dass wir die tatsächlichen sozialen und psychischen Mechanismen kennen, die dem Rücklauf unter verschiedenen Versuchsbedingungen zugrunde liegen, kann jetzt schon festgehalten werden, dass − gemessen am Ergebnis − die austauschund werterwartungstheoretischen Hypothesen durch unsere Befunde gestützt wer- Im Vergleich dazu seien die Rücklaufquoten für ein ähnliches Methodenexperiment genannt, das wir in Dresden durchgeführt haben Unseren Befunden zufolge dürfte der Einsatz von monetären Anreizen nicht nur effektiv, sondern auch kostengünstiger sein als andere Strategien und Maßnahmen, um den Rücklauf zu erhöhen. Denn je mehr Personen im Zeitfenster vor dem Nachfassen den Fragebogen beantworten und zurücksenden, desto kleiner wird die Risikomenge derjenigen, die nochmals angeschrieben werden müssen und daher auch Kosten verursachen. Diese Vermutung wird zunächst anhand der mittleren Dauer des Rücklaufs überprüft, da davon der Einsatz von Nachfassaktionen im Sinne der TDM nach abhängt. Die in Abbildung 1 dargestellten Überlebenswahrscheinlichkeiten - die relativen Anteile derjenigen, die zu den einzelnen Zeitpunkten den Fragebogen noch nicht retourniert haben (Blossfeld/Rohwer 1995) - unterstützen unsere vorherigen Befunde. So erfolgt im Beobachtungszeitraum von 16 Tagen der Rücklauf am ehesten für die Gruppe, die Geld im Voraus erhalten hat, gefolgt von der Kontrollgruppe und dann erst der Gruppe, der Geld nach erbrachter Leistung in Aussicht gestellt wurde. Bis ein Viertel der Fragebogen zurückkommt, und damit noch drei Viertel der ‚Risikomenge' überlebt haben, vergehen bei der im Voraus beschenkten Gruppe 5 Tage, bei der Gruppe, der das Geld versprochen wurde, knapp 11 Tage und schließlich bei der Kontrollgruppe 9 Tage. Die Zeitdifferenzen sind entsprechenden Tests - wie etwa Log-Rank-Test oder Wilcoxon-Test - zufolge signifikant. Nur für die Befragungspersonen, denen zum Fragebogen eine 10-Franken-Banknote beigelegt wurde, kann ein Median von 9 Tagen errechnet werden. Am wenigsten effizient und effektiv erweist es sich dabei wiederum, den Befragungspersonen Geld zu versprechen. Abhängigkeit von monetären Anreizen Dieser Befund kann mit einem allgemeinen handlungstheoretischen Ansatz wie der ‚Frame Selection Theory" ) differenziert beschrieben werden: Personen, welche die Reziprozitätsnorm internalisiert haben, handeln nach dieser, indem sie bei gegebener Vorleistung einen kognitiven Rahmen aktivieren, der die Gegenleistung als adäquate Handlungsweise (‚habit') beinhaltet (vgl. Esser 1990): Folglich wird der Fragebogen sofort nach Erhalt und ohne viel Nachdenken wahrheitsgemäß ausgefüllt und rasch zurückgesendet. Bei Personen, denen das Geld lediglich versprochen wurde, sollte der kognitive Reziprozitätsrahmen nicht greifen. Das sollte deswegen nicht der Fall sein, weil das in Aussicht gestellte Geld an sich keine Reziprozität beinhaltet, auf die reagiert werden muss. Daher wird der kognitive ‚Frame' für Reziprozität nicht aktiviert und die Reziprozitätsnorm kommt nicht zum Tragen. Das versprochene Geld ist -wie bereits im theoretischen Teil ausgeführt - das Angebot für einen Tausch ‚Geld gegen Antwort' . Der Tausch kann von der Befragungsperson akzeptiert oder abgelehnt werden, aber an sich generiert der Tausch keine Reziprozität. Da dann der angemessene ‚reciprocity frame' nicht aktiviert wird, sollte in der VG 2 (Geld versprochen) ein mehr oder weniger lang andauerndes Räsonieren über Kosten und Nutzen einer Teilnahme eine deutlich größere Rolle spielen als in der VG 1 (Geld im Voraus). Wegen eines fehlenden kognitiven Rahmens dauert die Evaluation von Handlungsalternativen (‚Teilnahme' oder ‚Verweigerung') und Entscheidung für eine bestimmte Handlung vergleichsweise länger. Anhand der Überlebenswahrscheinlichkeiten in Abbildung 1 sehen wir entsprechende indirekte Hinweise für diese Ad hoc-Interpretation: Da die Personen in der VG 2 (Geld versprochen) bei einem fehlenden kognitiven Rahmen lange über eine angemessene Reaktion auf den postalischen Fragebogen nachdenken müssen, brauchen sie vergleichsweise länger, um den Fragebogen zurückzuschicken. Wohlgemerkt können wir keinen direkten Test für diese Interpretation liefern, da wir die entscheidenden Mechanismen wie kognitive Rahmen und gespeicherte Handlungsroutinen nicht erhoben haben. Zudem müssten wir diese auch bei den Nonrespondenten erheben. Ungeachtet dessen werden insgesamt die Befunde von Brennan (1992), Harkness et al. (1998) sowie von unterstützt. Unsere Befunde für die Dauer, bis eine entsprechende Rücklaufquote erreicht wird, sprechen dafür, dass über Geld im Voraus erhebliche organisatorische Aufwendungen und Kosten eingespart werden können, die wegen Nachfassaktionen auch bei denen entstehen würden, die zur Antwort bereit sind, sich aber mit dem Rücksenden Zeit lassen Auch hinsichtlich der Neigung wie Prävalenz für Delinquenz werden unsere Annahmen empirisch unterstützt (Tabelle 3 und 4). Fehlende Werte zu möglichen Straftaten wie Ladendiebstahl, Steuerhinterziehung, Versicherungsbetrug oder Schwarzfahren sind zufällig über die Kontroll- und Vergleichsgruppen verteilt. Daher werden sie nicht weiter berücksichtigt. Zwar neigen einerseits Personen, denen entweder ein Geldbetrag im Voraus zugeschickt oder versprochen wurde, eher als die Kontrollgruppe dazu, keinen Ladendiebstahl, keinen Steuerbetrug oder keine Schwarzfahrten zu begehen. Andererseits würden sie eher als Personen in der Kon- Unter dem Kostengesichtspunkt - und wir sehen, dass mit monetären Vorleistungen der Rücklauf rascher erfolgt und hierbei eine Kostenersparnis gegeben ist, wenn weitere Schritte der TDM nicht mehr notwendig sind - wäre schließlich noch der Schwellenwert für die ‚Incentives' auszuloten. Bei Geldbeträgen von 5 Euro oder 10 Franken pro Befragungsperson müssen in Forschungsanträgen gewisse Überzeugungsarbeiten geleistet werden, da bei größeren Stichproben höhere Summen als ‚Geschenke' eingesetzt werden. In zukünftigen Methodenexperimenten könnten die Geldbeträge abgestuft zwischen 0 bis 100 Euro bzw. Franken variiert werden und in Beziehung zum Rücklauf gesetzt werden. Dadurch lässt sich beurteilen, ob es einen Grenznutzen für die Befragten gibt, und ob Forscher einen Schwellenwert (die zweite Ableitung des geschätzten Grenznutzens) berücksichtigen müssen. Vom Nutzen solcher Methodenexperimente sind dann die Sponsoren zu überzeugen. trollgruppe ihre Versicherung betrügen. Aber diese Unterschiede sind statistisch insignifikant und daher zufällig. Da es sich den drei miteinander verglichenen Gruppen um Zufallsstichproben handelt, sind Abweichungen vom ‚wahren Wert' bei allen Personen gleich wahrscheinlich. Bereits gewährte oder versprochene Geldbeträge sind keine kausalen Faktoren, die wegen sozialer Erwünschtheit oder ‚sponsorship effects' zum systematischen ‚Overreporting' von intendierten gesetzeswidrigen Handlungen führen. In ebenfalls unsystematischer Weise variieren die Berichte der Befragten über von ihnen bereits begangene Straftaten (siehe Modell 1 in Tabelle 4). Zwar geben diejenigen Personen, die bereits den Geldbetrag erhalten haben, in einem geringeren Maße an, bereits Gesetze übertreten zu haben, als die anderen beiden Gruppen. Jedoch sind - auch bei Kontrolle des Alters (siehe Modell 2) - die Unterschiede der Prävalenzraten zwischen den drei Gruppen wiederum statistisch insignifikant. Weiterführende Analysen haben ergeben, dass sich die Kontroll- und Vergleichsgruppen auch nicht hinsichtlich von Merkmalen (Gesetzestreue, Achtung von Eigentumsrechten, materialistische Orientierung, etc.) unterscheiden, die mit Delinquenz korrelieren . Erste Analysen der Hauptuntersuchungen für Bern und Dresden belegen, dass Neigung wie Prävalenz für Straftaten mit der Akzeptanz sozialer Normen (wie etwa Eigentumsrechte, Reziprozität etc.) korrelieren : Personen, die solche Normen internalisiert haben, neigen bei Kontrolle subjektiv erwarteter Nutzen und Kosten sowie subjektiv erwarteter Erfolgs- und Entdeckungswahrscheinlichkeiten signifikant seltener zu delinquentem Handeln. Auch wenn monetäre Anreize nicht mit systematischem Antwortverhalten einhergehen, ist nicht ausgeschlossen, dass sie aufgrund der signifikanten Unterschiede in den Ausschöpfungen zu selektiven Stichproben führen. Da wir in der Haupterhebung dem Fragebogen einen Geldbetrag von 10 Franken im Voraus beifügen, ist es interessant, zu wissen, ob sich die Gruppe der im Voraus Beschenkten in Bezug auf sozialstrukturelle Merkmale und Korrelate mit Delinquenz von den anderen beiden Gruppen unterscheidet. Sollte dies der Fall sein, könnte dies auch ein Problem für die Interpretation der erhobenen Daten bedeuteten. Allerdings ist eine Beurteilung mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Erstens ist die Verteilung von Einstellungen und Werthaltungen zur Delinquenz in der Grundgesamtheit unbekannt, so dass es nicht möglich ist, Abweichungen in den Stichproben beurteilen zu können. Das ist jedoch für unsere Problemstellung unerheblich. Zweitens ist die Verteilung dieser Strukturen auch für die Ausgangsstichproben - sprich für die Vergleichs- und Kontrollgruppen - unbekannt. Aus stichprobentheoretischen Gründen können wir nur vermuten, dass aufgrund der zufälligen Ziehung dieser Teilstichproben keine systematischen Unterschiede zwischen diesen bestehen. Drittens haben wir die Schwierigkeit, dass wir unterstellen müssen, dass etwa die Referenzgruppe - in unserem Fall ist es die Gruppe, die kein ‚treatment' erhielt - diejenige ist, bei der am ehesten eine Stichprobe realisiert werden kann, die im oftmals missverstandenen Methodenjargon als ‚repräsentativ' bezeichnet wird . Daher haben folgende Analysen, die nicht mit so genannten Repräsentativitätsstudien zu verwechseln sind, eher einen explorativen Charakter. Zunächst ist festzustellen, dass in Bezug auf sozialstrukturelle Merkmale wie etwa Alter, Geschlecht, Nationalität, Bildungsniveau und Schichtzugehörigkeit keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, denen entweder Geld beigelegt oder versprochen wurde, und den Befragten, die keine monetäre Anreize erhielten, bestehen (Modell 1 in Tabelle 5). 14 Gleiches gilt für Bewertungen von Werthaltungen und Verhaltensweisen wie etwa Beitrag zum Allgemeinwohl, Achtung der Eigentumsrechte anderer Personen, Verwerflichkeit von Bereicherung auf Kosten anderer oder strikte Gesetzestreue (Modell 2 in Tabelle 5). Andere Befunde liegen für die Bewertung von ausgewählten Strafdelikten wie etwa Ladendiebstahl, Versicherungsbetrug, Schwarzfahren oder Steuerhinterziehung vor (Modell 3 in Tabelle 5). Einerseits sehen Personen, denen Geld als Gegenleistung in Aussicht gestellt wurde, einen Versicherungsbetrug als weniger schlimm an als Personen, die keine monetären Anreize erhielten. Andererseits finden Personen, denen ein Geldbetrag versprochen wurde, das Schwarzfahren verwerflicher als die Kontrollgruppe. Die Personen, die einen Geldbetrag im Voraus erhielten, unterscheiden sich bei ihren Bewertungen nicht signifikant von der Kontrollgruppe. Ziel des vorliegenden, im Rahmen einer Bevölkerungsumfrage in Bern durchgeführten Methodenexperimentes war es, für eine postalische Befragung empirisch festzustellen, ob materielle Anreize auch bei sensiblen und für die Befragungspersonen möglicherweise heiklen Fragen zur eigenen Delinquenz (Ladendiebstahl, Steuerhinterziehung, Schwarzfahren und Versicherungsbetrug) die Rücklaufquote in bedeutsamer Weise fördern. In der experimentellen Versuchsanordnung wurden drei Gruppen unterschieden: Der ersten Untersuchungsgruppe wurde dem Fragebogen eine 10-Franken-Banknote beigefügt; der zweiten Untersuchungsgruppe hingegen wurden 10 Franken versprochen, wenn sie den Fragebogen beantworten und termingerecht zurückschicken. Die Kontrollgruppe erhielt kein zusätzliches ‚treatment' . Aus der Perspektive der strikten, d. h. ökonomistischen Rationalität war theoretisch zu erwarten, dass die monetäre Vorleistung nicht zur Steigerung des Rücklaufs beiträgt, da die Befragungspersonen das Geld nehmen, aber keine Gegenleistung erbringen. Hingegen wäre es für die Befragten, denen Geld versprochen wurde, unter der Voraussetzung, die 10 Franken kompensieren ihre Mühen und Anstrengungen, auch rational, den Fragebogen auszufüllen, um an das Geld zu gelangen. In diesem Falle hätten versprochene monetäre Anreize eine positive Wirksamkeit auf den Rücklauf bei postalischen Befragungen. Jedoch belegen empirische Studien das Gegenteil: In der Regel beantworten Personen, die bedingungslos im Voraus Geld erhalten haben, den Fragebogen eher als Personen, denen Geld für den Fall der Antwort versprochen wurde. Oftmals ist der Rücklauf bei der letzten Gruppe sogar niedriger als für eine Kontrollgruppe, denen kein monetärer Anreiz zukam. Dieses scheinbare Paradox der Teilnahme an einer wissenschaftlichen Befragung löst sich auf, wenn austausch-und werterwartungstheoretische Erklä-rungsansätze herangezogen werden. Aus dieser theoretischen Perspektive wird angenommen, damit mit einer monetären Vorleistung seitens der Forscher eine Verpflichtung zur Reziprozität bei den Befragungspersonen entsteht, deren Einhaltung einen Nutzen für sie als kooperative Akteure erbringt. Eine bedingungslose monetäre Vorleistung stellt offensichtlich eine vertrauensbildende Maßnahme dar, die notwendig scheint, damit eine befragte Person ihr unbekannten Forschern (sensible) Informationen auf gezielte Frage zur Verfügung stellt. Versprochenes Geld ist dagegen kontraproduktiv: Da Befragungspersonen sich trotz des Versprechens der Forscher nicht sicher sein können, das Geld nach Beantwortung der Fragen tatsächlich zu erhalten, werden sie in der Regel auch nicht kooperieren. Auch wenn wir die theoretisch angeführten sozialen und psychischen Mechanismen nicht direkt gemessen haben, und das ist in jedem der uns bekannten Methodenexperimente ebenfalls das Problem, so werden - gemessen an den ‚treatments' und ‚outcomes' - unsere Modellüberlegungen durch die vorgelegten empirischen Befunde gestützt. Sofortige monetäre Leistungen fördern auch bei Fragen zur Delinquenz den Rücklauf einer postalischen Befragung. Ohne Nachfassen antworteten innerhalb von zwei Wochen bis zu zwei Drittel der Befragten, denen 10 Schweizer Franken zum Fragebogen beigelegt wurden. In Kombination mit zwei Nachfassaktionen gemäß der ‚Tailored Design Method' (TDM) von wäre eine zufriedenstellend hohe und von geringerer Selektivität gekennzeichnete Rücklaufquote zu erwarten. Möglicherweise ist diese Einschätzung sehr optimistisch. Denn mit zunehmender Dauer, mit der eine Vorleistung zurückliegt, verblasst möglicherweise das ‚Gefühl der Reziprozität' . In einigen Fällen dürfte eine Auffrischung über ein Erinnerungsschreiben kaum gelingen, so dass die Rücklaufquote unter dem erwartbaren Optimum liegen wird. Offensichtlich gibt es auch keine unbeabsichtigten Einflüsse beim Antwortverhalten der Befragten. Ein systematisches ‚overreporting' von bereits begangenen Dass diese Einschätzung nicht zu optimistisch ist, zeigen die Rückläufe für unsere in der Zwischenzeit abgeschlossene Haupterhebung. Von 2.854 Fragebögen der Brutto-Stichprobe (neutrale Ausfälle: 5,2%) kamen nach zweimaligem Nachfassen insgesamt 2.230 verwertbare Fragebögen in der Feldzeit zurück. Die Ausschöpfungsquote beträgt somit rund 78%. Davon haben 41 Personen (fast 2%) zusätzlich zum ausgefüllten Fragebogen auch die 10 Franken zurückgeschickt. Von den 624 Verweigerern schickte mehr als die Hälfte (343 Personen) den Geldbetrag von 10 Franken zusammen mit dem leeren Fragebogen zurück (unter anderem mit Bemerkungen, dass sie unentgeltlich mitmachen wollen oder dass wir Forscher uns davon einen Kaffee leisten sollten). Nach der Feldzeit erreichten uns 70 teils ausgefüllte, teils leere Fragebogen. Auch hierbei sandten 17 Befragungspersonen den Geldbetrag zurück; eine davon − aus welchen Gründen auch immer − sogar den doppelten Betrag von 20 Franken. Die Retournierung der Geldbeträge nach nicht erbrachter Leistung spricht für die Reziprozitätsthese an sich und auch für das austauschtheoretische Argument, dass sich Befragte in einem unerwünschten Abhängigkeitsverhältnis sehen, wenn sie nicht kooperieren. Straftaten oder der Prävalenz infolge sozialer Erwünschtheit, die wiederum durch monetäre Anreize ausgelöst werden könnte, konnte nicht festgestellt werden. Verweigerungen von Fragen zu Straftaten hängen auch nicht davon ab, ob monetäre Anreize (nicht) gewährt oder versprochen wurden. Ebenso gibt es keine Hinweise dafür, dass bedingungslos im Voraus gewährte Anreize zu selektiven Analysestichproben führen. Unsere Befunde unterstützen bereits vorliegende Methodenexperimente und belegen darüber hinaus, dass es auch für eine Studie, in der die Befragungspersonen aufgefordert werden, selbst über ihr rechtswidriges Verhalten zu berichten, sinnvoll wäre, monetäre Anreize sofort und bedingungslos zu liefern. Allerdings sind wir davon überzeugt, dass der überraschend deutliche Erfolg unserer Bemühungen, eine hohe Rücklaufquote zu erzielen, auch auf sorgfältigen Vorarbeiten basiert. Der zuletzt eingesetzte Fragebogen wurde zwei kognitiven Pretests unterzogen. Des Weiteren wurde er in einer webbasierten Online-Befragung unter Berner Studierenden getestet . Sowohl bei der Gestaltung des Anschreibens als auch des Fragebogens wurden die Empfehlungen von , und von umgesetzt. Offensichtlich war die zugesicherte Anonymität überzeugend und auch die Erläuterung der Kennziffern auf dem oberen Rand des Fragebogens als Justierungs- und Erkennungspunkte für das maschinelle Einlesen erschien den Befragungspersonen transparent. Und schließlich wurde an die Kooperationsbereitschaft der Befragungsperson appelliert und die Bedeutsamkeit ihres Beitrags für die Sozialwissenschaft im Allgemeinen und für die schweizerische Forschung im Besonderen hervorgehoben. In theoretischer Hinsicht sind die zentralen Mechanismen weiterhin ungeklärt, warum Befragungspersonen eher antworten, wenn sie beim Erstkontakt zusätzlich zum Fragebogen bedingungslos im Voraus Geld erhalten, als wenn ihnen ein Geldbetrag für den Fall in Aussicht gestellt wird, dass sie den Fragebogen ausfüllen und zurückschicken. Zwar sprechen die vorliegenden Befunde für die Theorie subjektiver Werterwartung im Allgemeinen und für die Reziprozitätsthese im Besonderen. Aber das ist noch lange keine Gewähr dafür, dass diese Theorien zutreffend sind, wenn nicht empirisch nachgewiesen wird, dass die prognostizierten Mechanismen sowohl der Kosten-Nutzen-Abwägung als auch der Reziprozität tatsächlich für den Rücklauf verantwortlich sind . Deren genaue Kenntnis − also der Mechanismen und Prozesse in der ‚black box' − bedient nicht einen Methodenfetischismus oder eine theoretische Eitelkeit nach dem Motto: "Haben wir doch schon immer gewusst". Vielmehr kann dieses Wissen dazu beitragen, den Rücklauf im Weberschen Sinne ursächlich zu verstehen und dadurch auch besser kontrollieren und steuern zu können. Damit wäre die Möglichkeit eingeschlossen, die Ausschöpfung bei gleichzeitiger Vermeidung von Selektivitäten noch weiter zu steigern als dies bislang der Fall ist. Dazu reicht es sicherlich nicht aus, lediglich sozialstrukturelle Merkmale der Verweigerer in Erfahrung zu bringen. Vielmehr benötigen wir für alle Befragungspersonen exakte Informationen über ihre Gründe für Kooperation und Verweigerung. Erst dann können weitere Maßnahmen ergriffen werden, um auch potentielle Verweigerer zur Teilnahme an postalischen Befragungen zu motivieren oder gar Verweigerer zu Teilnehmern zu konvertieren . Als erwünschter Nebeneffekt könnte sich eine geringere Selektivität von realisierten Stichproben ergeben. Darauf kommt es eher an als bloß auf die quantitative Ausschöpfung . Literatur Monetary Incentives in Mail Surveys Public Opinion Quarterly Die Wirkung materieller Incentives auf den Rücklauf einer schriftlichen Befragung ZA-Information Social Class and Delinquency Rationality & Society Selective Response to Questions about delinquency Quality & Quantity Kriminalität als rationale Wahlhandlung in der Schweiz: ein Sonderfall? Schweizerische Zeitschrift für Soziologie Eine empirische Studie über die Wirksamkeit der "sealed envelope technique" bei selbst berichteter Delinquenz mit Daten des ALLBUS Selektives Antwortverhalten bei Fragen zum delinquenten Handeln 2006: Zur Wirkung unterschiedlicher materieller Incentives in postalischen Befragungen Ein Literaturbericht. ZUMA-Nachrichten Exchange and Power in Social Life Techniques of Event History Modeling - New Approaches to Causal Analysis Die Ökonomie der symbolischen Güter (vom Französischen übersetzt) Vom Geben und Nehmen. Zur Soziologie der Reziprozität Estimating the Effect of Incentives on Mail Survey Response Rates: A Meta-Analysis Public Opinion Quarterly Prepaid Monetary Incentives and Data Quality in Face-to-face Interviews. Data from the 1996 Survey of Income and Programm Participation Incentive Experiment Public Opinion Quarterly Data quality in mail, telephone, and face to face surveys Reducing Missing Data in Surveys: An Overview of Methods Quality & Quantity Anreizformen und Ausschöpfungsquoten bei postalischen Befragungen Mail and Internet Surveys: The Tailored Design Method Der Befragte Erhebungsmethoden: Die Befragung. Techniken der empirischen Sozialforschung Können Befragte lügen? Zum Konzept des "wahren Wertes" im Rahmen der handlungstheoretischen Erklärung von Situationseinflüssen bei der Befragung Alltagshandeln und Verstehen. Zum Verhältnis von erklärender und verstehender Soziologie am Beispiel von Alfred Schütz und Rational Choice Die Definition der Situation Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Die Rationalität der Werte. Die Typen des Handelns und das Modell der soziologischen Erklärung Das Weber-Paradigma Mail Survey Response Rate. A Meta-Analysis of Selected Techniques for Inducing Response Public Opinion Quarterly Markt und Motivation. Wie ökonomische Anreize die Arbeits-Moral verdrängen Monetary Incentives Versus Promised Contribution to Charity: New Evidence on Mail Survey Response Journal of Market Research Incentives to Increase Survey Returns: Social Class Considerations Journal of Market Research The Norm of Reciprocity: A Preliminary Statement American Sociological Review Further evidence on factors affecting response rates to mailed questionnaires American Sociological Review Leverage-Saliency Theory of Survey Participation. Description and an Illustration Public Opinion Quarterly 1998: lncentives in Two German Mail Surveys Nonresponse in Survey Research. ZUMA-Nachrichten Schimpl-Neimanns, 1992: Sind Sozialstrukturanalysen mit Umfragedaten möglich? Analysen zur Repräsentativität einer Sozialforschungsumfrage Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Overreporting: Ein vernachlässigtes Problem und die Schwierigkeit von Gegenmaßnahmen ZUMA-Nachrichten Factors affecting response rates to mailed questionnaires: a quantitative analysis of the published literature American Sociological Review Social mechanisms: An introductory essay. S. 1-31 in: P. Hedström und R. Swedberg (Hg.): Social Mechanisms. An Analytical Approach to Social Theory Reducing Panel Attrition. A Search for Effective Policy Instruments The Journal of Human Resources Correlates of Delinquency: The Illusion of Discrepancy between Self-Report and Official Measures American Sociological Review Social behavior. Its elementary forms Promised Contributions to Charity and Mail Survey Responses. Replication with Extension Public Opinion Quarterly The Effect of Monetary Incentives and Follow-Up Mailings on the Response Rate and Response Quality in Mail Surveys Public Opinion Quarterly Large Monetary Incentives and Their Effects on Mail Survey Response Rates Public Opinion Quarterly Prepaid monetary incentive effects on mail survey response Journal of Business Research Mail Surveys and Response Rates: A Literature Review Journal of Market Research Wenn "mehr" nicht gleichbedeutend mit besser" ist: Ausschöpfungsquoten und Stichprobenverzerrungen in allgemeinen Bevölkerungsumfragen. ZUMA-Nachrichten Wertrationalität und das Modell der Frame-Selektion Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Response rates and response content in mail versus face-to-face surveys Public Opinion Quarterly Stimulating Responses to Mailed Questionnaires: A Review Public Opinion Quarterly The Effect of Monetary Inducement on Mailed Questionnaire Response Quality Frankfurt am Main: Suhrkamp McDaniel Zur Wirkung monetärer Anreize auf die Rücklaufquote in postalischen Befragungen zu kriminellen Handlungen The Effects of Material Incentives in Mail Surveys: Two Studies Public Opinion Quarterly Kooperation und Verweigerung: Eine Non-Response-Studie ZUMA-Nachrichten Thematik oder Incentives? Zur Erhöhung der Rücklaufquoten bei postalischen Befragungen Praxis der Umfrageforschung, 2. Aufl Wie man die Rücklaufquote bei postalischen Befragungen erhöht. ZUMA How-to-Reihe 9 Über Sinn und Unsinn von Repräsentativitätsstudien. Allgemeines Statistisches Archiv Face-to-face, telefonische und postalische Befragungen Ausschöpfungsquoten und Antwortmuster in einer Großstadt-Studie. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Item Non-Response on Income and Wealth Questions Prepaid vs. Promised Monetary Incentives to Questionnaire Response: Further Evidence Public Opinion Quarterly Nonresponse in Bevölkerungsumfragen. Ausmaß, Entwicklung und Ursachen Respondent Behaviour in Panel Studies. A Case Study of the German Socio-Economic Panel (GSOEP). DIW-Discussion Paper 244 Homo rationalis. Die Vernunft im menschlichen Leben. Frankfurt am Main: Campus Incentives for Survey Participation: Research on Intended and Unintended Consequences Does the Payment of Incentives Create Expectation Effects? Public Opinion Quarterly Zum Einsatz von Incentives bei postalischen Befragungen. ZUMA How-to-Reihe 14 Asking Questions: A practical guide to questionnaire design Response Effects in Surveys: A Review and Synthesis Charities, No; Lotteries, No; Cash, Yes. Main Effects and Interactions In A Canadian Incentives Experiment Public Opinion Quarterly Understanding Mail Survey Response Behavior Public Opinion Quarterly A Quantitative Review of Research Design Effects on Response Rates to Questionnaires Journal of Market Research GROBID - A machine learning software for extracting information from scholarly documents Rolf Becker, Regula Imhof und Guido Mehlkop Die Wirkung monetärer Anreize auf den Rücklauf bei einer postalischen Befragung und die Antworten auf Fragen zur Delinquenz Effects of prepaid monetary incentives on the return of mail survey and selfreporting about delinquency Zusammenfassung Im Rahmen einer Studie über Determinanten delinquenten Handelns wird ein Methodenexperiment durchgeführt, um die Frage zu klären, ob auch bei einem sensiblen und heiklen Thema wie Kriminalität die Rücklaufquote über monetäre Anreize beeinflusst werden kann. Hierbei wird aus austausch-bzw. werterwartungstheoretischer Sicht die Annahme der strikten Rationalität zurückgewiesen, dass im Voraus beigelegte monetäre Anreize nicht zur Erhöhung des Rücklaufs beitragen. Gerade bei einer kompletten Befragung, in der Befragte über ihr delinquentes Handeln berichten sollen, können dem Fragebogen beigelegte Geldbeträge eine vertrauensbildende Maßnahme darstellen, die zu vergleichsweise hohen Rücklaufquoten führt. Hingegen wird angenommen, dass lediglich versprochenes Geld zu einem niedrigeren Rücklauf führt. Des Weiteren ist zu klären, ob monetäre Anreize zu einem Abstract In the context of an empirical study on determinants of delinquent behavior, a methodological experiment is carried out to investigate whether also for a sensitive topic like crime the return quota can be influenced by monetary incentives. The theoretical implication of strict rationality namely that prepaid monetary incentives do not contribute to the return quota positively in postal interviews is questioned from the theoretical perspective of the social exchange theory as well as from the theory of subjectively expected utilities. In a survey in which people are asked to report about their former delinquent behavior and, in particular, about delinquency in the future, prepaid monetary incentives might be a confidence-building measure which results in comparatively high return quotas. Merely promising money might lead to a lower return since this strategy contributes to respondents' non-participation. Our em- Empirische Befunde eines Methodenexperiments Empirical results of an experiment 1 Einleitung 1 Bei Befragungen, in denen die Befragten selbst über ihr gesetzeswidriges und damit strafbares Handeln berichten sollen, tritt zum einen das methodische Problem auf, die Befragten generell zur Teilnahme an der (freiwilligen) Befragung zu bewegen. Zum anderen muss bei Teilnehmern sichergestellt werden, dass sie valide wie reliable Antworten liefern (Hindelang/Hirshi/Weis 1979) . Bei solchen, für die Befragten heiklen wie unangenehmen Fragen, müssen deswegen besondere Vorkehrungen getroffen werden, um die Anonymität der Angaben zu garantieren. Solche Vorkehrungen sind besonders bei Fragen zu rechtswidrigem Verhalten notwendig, wenn die Respondenten negative Sanktionen erwarten (Porst 2001; Mehlkop/Becker 2007) . Im ALLBUS 1990 und 2000 wurde beispielsweise die so genannte ‚sealed envelope technique' angewandt, die als ein geeignetes Vorgehen anzusehen ist, Befragten absolute Anonymität und Vertraulichkeit bei Fragen zu deren Delinquenz zu garantieren (Becker 2006; de Leeuw 2001; Sudman/Bradburn 1974 , 1982 . Dadurch sollten sowohl verzerrte Antworten als auch Antwortverweigerungen unwahrscheinlicher werden. Für den ALLBUS 2000 konnte festgestellt werden, dass auch bei Verwendung eines vertraulichen, selbst auszufüllenden Fragebogens die ‚Overreporting' der Delinquenz führt. Die empirischen Befunde bestätigen unsere Annahmen eindeutig, auch wenn die sozialen Mechanismen der Reziprozität nicht direkt beobachtet werden. Ebenso zeigt sich, dass monetäre Anreize weder soziale Erwünschtheit noch ‚sponsorship effects' auslösen, die zu einem ‚Overreporting' von bereits begangenen oder antizipierten Straftaten führen. Schließlich bestätigte sich für sozialstrukturelle Merkmale und Korrelate des delinquenten Handelns, dass sich die drei Teilstichproben nicht systematisch voneinander unterscheiden. pirical findings confirm these assumptions. However, due to the lack of further information it remains unsolved, whether reciprocity and trust are actually the main mechanisms important for filling out and returning the questionnaire. Furthermore, we find that monetary incentives do not contribute to overreporting delinquency due to social desirability. Finally, there are indications that the three partial samples do not differ significantly with regard to social background and other characteristics correlating with delinquency. Merkmale der Interviewer und der Interviewsituation die Tendenzen des Befragten zu Antwortverweigerungen oder zu ‚wahren' Antworten zum delinquenten Handeln beeinflussen (Becker/Günther 2004) . Aufgrund dieser Interview-und Interviewereffekte wird die postalische Befragung (mail survey) als besonders geeignete Befragungsmethode favorisiert (Sudman/Bradburn 1982) . Denn bei postalischen Befragungen, die den Befragten oftmals als weniger aufdringlich erscheinen als andere Befragungsmethoden, sind Anonymitätsgarantien eindeutig und Interviewereffekte ausgeschlossen (Klein/Porst 2001) . Dieser Vorschlag wird durch eine Vielzahl methodischer Studien empirisch gestützt. So zeigen beispielsweise Sudman/Bradburn (1982: 42-44) , dass bei Fragen zu rechtswidrigem Verhalten die postalische Befragung eher ‚wahre' Antworten erzielt als andere Befragungsmethoden. Soziale Erwünschtheitseffekte bei heiklen Fragen sind bei postalischer Befragung generell seltener (Krysan et al. 1994) . Auch ist dann bei heiklen Fragen die Datenqualität besser: "In general, it is somewhat harder to have people answer questions in the mail survey as the higher items missing data indicates, but when the questions are answered, the resulting data are of better quality (more self-disclosure, more precision)" (de Leeuw 1992: 77). Diese Erkenntnisse haben uns dazu bewogen, im Vorfeld einer postalischen Befragung über kriminelles Handeln von erwachsenen Einwohnern in Bern, ein Methodenexperiment durchzuführen. Empirisch festgestellt werden soll, ob monetäre Anreize den Rücklauf bei einer kompletten Befragung zur eigenen Delinquenz in bedeutsamer Weise fördern. Zudem ist zu klären, ob monetäre Anreize auch die Qualität der Antworten auf Fragen zur Neigung für Delinquenz und Prävalenz strafbarer Handlungen in besonderer Weise beeinflussen. Wie Berger (2006: 95) zu Recht in seinem Literaturbericht feststellt, gibt es im deutschen Sprachraum (noch zu) wenige Erfahrungen mit unkonditional beim Erstkontakt gegebenen Geldbeträgen. Somit ist - anknüpfend an ein früheres Methodenexperiment mit einem anderen Design (Mehlkop/Becker 2007) (Singer 1998) : Monetäre Anreize führen bei postalischen Befragungen zu höheren Rücklaufquoten als in den Fällen, in denen den Befragten kein Geld zum Fragebogen beigelegt wird (Berger 2006; Jobber et al. 2004: 21; Harkness et al. 1998; Church 1993; Yu/Cooper 1983; Armstrong 1975: 111; Kanuk/Berenson 1975) . Aber es gibt offensichtlich keinen strikten linearen Zusammenhang zwischen der Höhe des Geldgeschenkes und dem Rücklauf in dem Sinne, dass die Antwortbereitschaft unbegrenzt mit steigendem Geldbetrag zunimmt (Linsky 1975: 96-98; Heberlein/Baumgartner 1978; Goyder 1982; Yu/Cooper 1983; Yammarino/Skinner/Childers 1991; Singer et al. 1998; Berger 2006: 89-90) . Entscheidend für die Steigerung des ‚Responses' ist, dass den Befragten beim Erstkontakt das Geld sofort und bedingungslos gemeinsam mit dem Fragebogen - als Gabe im Voraus -zukommt (Church 1993: 75; James/Bolstein 1992: 442-443; Furse/Stewart 1981; Armstrong 1975: 116) . Werden den Respondenten hingegen lediglich Geldbeträge in Aussicht gestellt, sofern sie den Fragebogen ausgefüllt zurückschicken, so sind die Rücklaufquoten oftmals signifikant niedriger, als wenn Respondenten den Geldbetrag bereits im Voraus gemeinsam mit dem Fragebogen erhalten (Church 1993; Diekmann/Jann 2001) . Offensichtlich bieten versprochene Geldbeträge - unabhängig von ihrer Höhe - keinen signifikanten zusätzlichen Anreiz für die Befragungspersonen, den Fragebogen auszufüllen und zurückzusenden (James/Bolstein 1992: 451; Schewe/Gournoyer 1976: 105; Armstrong 1975: 113) . Eher weisen in der Zwischenzeit publizierte Ergebnisse darauf hin, dass Rücklaufquoten bei versprochenen Geldbeträgen tendenziell niedriger sind als wenn Befragungspersonen kein materieller Anreiz angeboten wird. Ebenso wenig effektiv ist es, den Befragten Teilnahmen an Lotterien oder die Möglichkeit, dass die Forscher in ihrem Namen für wohltätige Zwecke spenden, anzubieten (Stadtmüller/Porst 2005: 7; Warriner et al. 1996; Hubbard/Little 1988; Furse/Stewart 1982) . Befürchtungen, dass durch monetäre Vorleistungen systematische Verzerrungen in der realisierten Stichprobe entstehen oder die Qualität von Antworten (z. B. wegen sozialer Erwünschtheit oder Sponsorship-Effekte) und damit die Datenqualität beeinflusst werden können, scheinen auf den ersten Blick plausibel zu sein (Stadtmüller/Porst 2005: 10-11 ). 2 Jedoch sind empirische Befunde dazu uneinheitlich (Berger 2006: 93-95) . So weisen James/Bolstein (1992) nach, dass ‚prepaid monetary incentives' geringe Effekte auf die sozialstrukturelle Zusammensetzung der Gruppe der Teilnehmer haben (Arzheimer/Klein 1998) . Nederhof (1983) hingegen stellt in seiner Studie fest, dass gerade untere Bildungs- und Sozialklassen überproportional erreicht werden. Zu anderen Befunden kommt zuvor Gelb (1975) : Die Gabe von 50 Cent (in US-Währung) resultierte in höheren Rücklaufquoten aus den Mittelschichten, während die unteren Sozialschichten eher auf versprochene Geldbeträge reagierten. Der Autorin zufolge scheint es so zu sein, dass sich die Klassendifferenzen im Rücklauf weiter erhöhen, wenn eine sofortige Belohnung mit steigenden Geldbeträgen erfolgt. Des Weiteren stellt Nederhof (1983) fest, dass die Antworten der Befragten nicht durch die materiellen Anreize verzerrt werden; eher wird die Qualität der Angaben erhöht, da die ‚Incentives' die Befragten zu zusätzlichen Anstrengungen bei der Beteiligung an der postalischen Befragung und zu kompletten Antworten anreizen. Zu ähnlichen Befunden gelangen McDaniel und Rao (1980) : Monetäre Geschenke erhöhen nicht nur den Rücklauf, sondern auch die Qualität der Daten infolge genauerer und vollständiger Angaben durch die Befragten (vgl. Berger 2006: 96) . Diese Befunde werden durch Darven et al. (2003: 140) bekräftigt: Monetäre Anreize im Voraus erhöhen gleichermaßen den ‚Response' wie die Wahrscheinlichkeit für komplette und konsistente Antworten (vgl. James/Bolstein 1990). Theoretische Erklärungsansätze Wie kann man erklären, dass monetäre Anreize, die als Vorleistungen den Befragten übergeben werden, zu vergleichsweise höheren Rücklaufquoten führen? Die Effektivität dieser Strategie und Maßnahme, die Rücklaufquote bei postalischen Befragungen zu erhöhen, wird in der Regel anhand entscheidungs-und handlungstheoretischer Ansätze erklärt: "Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die Annahme, dass die Entscheidung zur Teilnahme an einer (schriftlichen) Befragung nach Abwägung von Vorteilen (Nutzen) und Nachteilen (Kosten und Mühen) durch die zu befragende Person erfolgt: Nur wenn der erwartete Nutzen der Teilnahme die er-2 Denn mit einer hohen Ausschöpfungsquote ist die Datenqualität nicht von vornherein garantiert (Koch 1998) . So ist nicht ausgeschlossen, dass die Bereitschaft, auf Fragen zur eigenen Delinquenz zu antworten, wegen monetärer Anreize mit individuellen Dispositionen und sozialstrukturellen Merkmalen korreliert. Vor allem im Falle, dass die erhöhte Antwortbereitschaft mit Fragen der eigenen Delinquenz korreliert, erhält man ebenfalls eine erheblich verzerrte Stichprobe, die bei multivariaten Analysen zu irreführenden Ergebnissen über delinquentes Handeln führen kann. warteten Kosten überwiegt, sind Personen bereit, sich an einer Umfrage zu beteiligen" (Porst 2001: 1; Esser 1974 Esser , 1986 (Mehlkop/ Becker 2007; Hill/Willis 2001: 416; Singer 1998: 9) . Des Weiteren ist aus Gründen der ‚bounded rationality' (Simon 1993) anzunehmen, dass viele Menschen in einer Befragungssituation unentschlossen sind, da sie aufgrund fehlender oder unvollständiger Informationen entstehende Kosten und Nutzen nicht eindeutig diskontieren können. Gerade bei dem Thema ‚Kriminalität' sollte man davon ausgehen, dass die Gruppe der Unentschlossenen recht groß ist, weil die Befragten sich darüber unsicher sind, ob sie Informationen über eigenes kriminelles Handeln preisgeben sollen (Mehlkop/Becker 2007) . So sind die extrinsische Motivation fördernde monetäre Geschenke zum einen deswegen wichtig, weil bei einer postalischen Befragung die Antwortverweigerung den Befragten leichter fällt als bei Anwesenheit eines Interviewers. Somit muss die Befragungsperson einen Nutzen für sich sehen, der durch zusätzliche Anreize garantiert scheint. Da zum anderen bei postalischen Befragungen in der Regel die Anonymität garantiert ist und wegen Abwesenheit des Interviewers auch keine unmittelbaren Sanktionen zu befürchten sind, steht dann eher die Kompensation anfallender Partizipationskosten zu Gunsten höherer Teilnahmebereitschaft im Vordergrund. So können 4 Auch wenn die monetären Anreize zwar die Kosten-Nutzen-Abwägung der angeschriebenen Person beeinflussen, so müssen zum einen die Befragungspersonen bei anonymen Befragungen keine Konsequenzen erwarten, wenn sie das Geld ohne Gegenleistung behalten, weil zum anderen die Geldgeschenke kaum die Kosten der Teilnahme kompensieren und eher 4 Der restriktiven Rational Choice Theorie zufolge verhalten sich Individuen im Sinne einer perfekten Rationalität in jeder Entscheidungssituation in optimaler Weise nutzenmaximierend, da ihnen alle Informationen zu alternativen Handlungen und deren Konsequenzen bekannt sind. Hingegen kann aus der Perspektive der subjektiven Werterwartung davon ausgegangen werden, dass Personen aus einem subjektiv wahrgenommenen Set von Handlungsalternativen diejenige auswählen, von der sie sich den größtmöglichen subjektiven Nutzen erwarten. Da Menschen fehlbar, vergesslich und zuweilen auch bequem sind und nur über begrenzte Ressourcen (z. B. Zeit, kognitive Möglichkeiten, Gelegenheiten, etc.) zur Informationssuche und der Verarbeitung wahrgenommener Informationen verfügen, ist statt von einer perfekten eben von einer eingeschränkten Rationalität auszugehen. Individuen verwenden für die Analyse und Bewertung der sozialen Situation, Handlungsalternativen und Konsequenzen einfache kognitive Modelle und folgen diesen bei der Auswahl von Handlungen. Aufgrund dieser kognitiven und sozialen Restriktionen erfolgt die Wahrnehmung, Evaluation, Entscheidung und Handlung nach Kosten-Nutzen-Prinzipien, die für das Individuum zufrieden stellend sind und zu suboptimalen statt perfekt optimalen Ergebnissen führen. als zusätzlicher Nutzen definiert werden. Während in diesem Falle die Strategie ineffektiv ist, um den Rücklauf zu erhöhen, wäre das Versprechen von Geld als Gegenleistung für die Beantwortung des Fragebogens erfolgreicher: "Die Hypothese strikter Rationalität prognostiziert, dass versprochene, nicht aber beigelegte Geschenke die Ausschöpfungsquote erhöhen werden" (Diekmann/Jann 2001: 21) . Aber die empirischen Befunde sprechen - wie bereits gesehen - gegen diese Hypothesen strikter Rationalität der Befragungspersonen. Ein Ausweg aus dem Erklärungsdilemma scheint die auf der Austauschtheorie beruhende Reziprozitätsthese zu sein (Dillmann 2000), die - weil die Austauschtheorie ebenfalls auf der Prämisse individueller Kosten-Nutzen-Abwägung aufbaut (Homans 1961 ) - ohne größere Schwierigkeiten in eine aufgeklärte Variante der Rational Choice Theorie wie etwa der Theorie subjektiver Werterwartung integriert werden kann. Eine (schriftliche) Befragung wird als sozialer Austausch verstanden (Esser 1986) , der dann zustande kommt, wenn beide Parteien - der Sozialforscher und die Befragungsperson - sowohl einen gewichtigen Grund zur Annahme haben, davon zu profitieren, als auch unterschiedliche Präferenzen und Bedürfnisse haben: Information gegen interessante Fragen. Der Unterschied in der Informiertheit beider Interaktionspartner ist Motivation für die befragte Person, den Fragebogen zu beantworten. Das an keine Bedingungen geknüpfte Geldgeschenk erfordert Nachgiebigkeit bei der Beantwortung gestellter Fragen. Demnach kann der monetäre Anreiz nicht den Nutzen aus der Teilnahme an der Befragung herstellen, da die Befragungsperson das Geld ohne Gegenleistung behalten kann: "Das Incentive eröffnet vielmehr eine soziale Austauschbeziehung mit dem Respondenten: Zunächst ohne Gegenleistung überreicht, fungiert es als ein ‚symbol of trust' (Dillman 2000) und generiert ein Gefühl der sozialen Verpflichtung des Befragten, dem Wunsch nach einem Interview zu entsprechen. Die Interviewteilnahme stiftet so durch die Erfüllung der so genannten Reziprozitätsnorm dem Befragten einen zusätzlichen Nutzen. Die Reziprozitätsnorm besagt, dass man bemüht sein sollte, freiwillig gewährte Vergünstigungen in irgendeiner Form ‚zurückzuzahlen' (Gouldner 1960; Mauss 1984: 157) . Der Wert des Incentives sollte vor diesem Hintergrund deshalb auch gegenüber den Befragten nicht als ‚Vergütung' für die Interviewteilnahme dargestellt werden. (Arzheimer/Klein 1998: 8; vgl. Groves/Singer/Corning 2000) . 5 Allerdings hätte die Befolgung der Reziprozitätsnorm die drohende Sanktionierung bei Nichtbefolgung als Voraussetzung; aber bei sozialwissenschaftlichen Befragungen ist die Teilnahme der Respondenten freiwillig und die Forscher verfügen über keine Sanktionsmöglichkeiten. So wird entsprechend der Austauschtheorie von Blau (1964) die Gegenseitigkeit nicht durch soziale Normen erzwungen, sondern soziale Reziprozität als Ergebnis der Bedingungen, die dem Austauschprozess innewohnen, kann auch ohne normative Kontrollen bestehen. Denn Reziprozität entsteht durch das Interesse an dem Nutzen des sozialen Austauschs, der sich durch die Erfüllung von Verpflichtungen ergibt. Im Sinne der Überlegungen von Blau (1964) begibt sich aber eine Befragungsperson, die eine Gabe des Sozialforschers nicht erwidert und somit einer Verpflichtung nicht nachkommt, in ein Abhängigkeitsverhältnis. Um eine Abhängigkeit zu verhindern, zumal diese eher mit Nachteilen als mit Vorteilen verbunden ist, versucht diese Person eine erwartete wie angemessene Gegenleistung zu erbringen und damit ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Da bei ‚mail surveys' keine Rückzahlungen im Vorfeld der Befragung vereinbart werden, verlangt eine Befragung als sozialer Austausch ein gewisses Maß an Vertrauen in sozialen Beziehungen zwischen Interviewer und Interviewten. Zu Anfang dieser Beziehung ist nur ein Minimum an Vertrauen notwendig, weil die Anfangsinvestition ein geringes Risiko birgt. Die implizite Forderung, sich als kooperative Befragungsperson erkenntlich zu zeigen, um weiteren Nutzen aus dem Austausch zu erlangen, dient als ein ‚starting mechanism' (Gouldner 1960) . Wenn Sozialforscher und Befragungsperson in Kontakt treten, bevor sich gemeinsame Normen, Ziele oder Erwartungen an das Interview als Austauschprozess herauskristallisiert haben, liefern die aus solchen Tauschbeziehungen resultierenden Vorteile auch die Motivation für die Befragung. Im Sinne der impliziten Rational Choice Theorie kann - wie bereits angesprochen - der Nutzen aus der Teilnahme an einer wissenschaftlichen Befragung aus dem Wunsch nach Artikulation der eigenen Meinung und Identität, der Unterstützung von Wissenschaft, dem Interesse am Thema der Befragung oder an sozialer Anerkennung als ‚gute' Befragungsperson, resultieren (Esser 1986 (Esser , 1974 . Hypothesen Aus den theoretischen Ausführungen lassen sich folgende Hypothesen ableiten, die zu ‚erklären' vermögen, weshalb Befragungspersonen über monetäre Anreize zur Teilnahme an postalischen Befragungen motiviert werden können. Offensichtlich erzeugt das dem Fragebogen beigelegte Geld neben dem Gefühl der Reziprozität auch Vertrauen bei den angeschriebenen Befragungspersonen gegenüber den Forschern bzw. der Studie: "Sending the money with the questionnaire is a goodwill gesture that puts the sponsor and questionnaire in a positive light and sets the stage for the respondent to reciprocate with an appropriate gesture of completing the questionnaire" (Dillman 2000: 168) . Allerdings darf der Geldbetrag nicht allzu hoch sein (z. B. dem tatsächlichen Gegenwert der von der Befragungsperson zu erbringenden Leistung entsprechen), da dann ein auf Vertrauen basierendes Reziprozitätsverhältnis von den Befragungspersonen als geschäftsmäßiger Austausch definiert werden kann: "Unter diesem Gesichtspunkt wird die potentielle Befragungsperson dann prüfen, ob diese ‚Bezahlung' eine adäquate Vergütung für ihre Mühen darstellt" (Stadtmüller/Porst 2005: 5) . 6 (1) Im Unterschied zur restriktiven Hypothese strikter Rationalität wird aus austausch- und werterwartungstheoretischer Sicht erwartet, dass nicht allzu niedrige und nicht allzu hohe monetäre Anreize zur Erhöhung der Ausschöpfungs- und Rücklaufquoten von postalischen Befragungen -auch zu sensiblen und für die Befragten heiklen oder peinlichen Fragen zur eigenen Delinquenz - beitragen, da sie dann eher den Eindruck gewinnen, dass sich die Teilnahme lohnt bzw. ihnen wenigstens nicht schadet (vgl. Schnell 1997: 251) . Bei monetären Leistungen im Voraus werden die angeschriebenen Befragungspersonen eher antworten als diejenigen, die keine monetären Anreize erhalten haben. (2) Ebenfalls wird im Unterschied zur restriktiven Hypothese strikter Rationalität angenommen, dass ein versprochenes Geschenk nicht zur signifikanten Erhöhung der Rücklaufquoten postalischer Befragungen führt. Antworten gegen eine Entschädigung) aufgefasst werden kann, wird es zu einer geringen Teilnahmebereitschaft führen (vgl. Fox/Crask/Kim 1988). Zudem wird sich die Befragungsperson unsicher darüber sein, ob sie den ausgelobten Geldbetrag auch tatsächlich erhält; schließlich ist ihr das Forscherteam in der Regel unbekannt. Wenn sie sich trotz der Bemühungen der Forscher (z. B. informatives Anschreiben) nicht sicher sein können, das Geld nach der Beantwortung der Fragen zu erhalten, dann werden sie in der Regel auch nicht kooperieren. Daher ist zu erwarten, dass Befragungspersonen, denen Geld versprochen wird, seltener teilnehmen als diejenigen, denen kein Geld oder Geld im Voraus geboten wird. 7 (3) Des Weiteren wird bezüglich der Neigung für gesetzeswidrige Handlungen und der selbstberichteten Prävalenz - insbesondere des ‚ehrlichen Geständnisses' früherer Delinquenz - aus handlungs- und entscheidungstheoretischer Sicht argumentiert, dass es keinen zwingenden Grund gibt, weshalb Befragte, die monetäre Anreize im Voraus erhalten haben, bei Antworten vom ‚wahren Wert' abweichen sollten (vgl. Esser 1986; Reuband/Blasius 1996) . Es wird daher angenommen, dass monetäre Anreize nur Auswirkungen auf die Ausschöpfung haben, aber keine auf die (wahrheitsgemäße) Beantwortung auch von Fragen zur Delinquenz. Naheliegend wäre - wie dies typischerweise bei Wahlbefragungen der Fall ist (Hartmeier/ Fontana 2006) - ein so genanntes ‚Overreporting' von Straftaten bei den Personen, die bereits im Voraus mit einem Geldbetrag bedacht wurden. Aus Sicht des hier vertretenen aufgeklärten handlungs- und entscheidungstheoretischen Ansatzes ist dies jedoch recht unwahrscheinlich. (4) Ebenso unwahrscheinlich ist aus dieser theoretischen Perspektive eine Stichprobenselektivität infolge eines im Voraus gewährten Geldbetrages. Entsprechend der Reziprozitätsthese sollte die Gabe für alle Bevölkerungsgruppen im gleichen Maße wirksam sein. Es ist daher zu erwarten, dass etwaige Unterscheide zwischen den Befragtengruppen und den Stichproben, die entweder monetäre Anreize erhielten oder denen diese versprochen wurden, zufällig sind (vgl. Reuband/Blasius 1996: 307). (Frey 1997: 23) . So könnte man annehmen, dass versprochene Gegenleistungen für einen beantworteten Fragebogen genau diese Reaktionen auslösen können, und somit ein ‚Response' eher wenig wahrscheinlich wird. Formalisieren wir unsere Hypothesen, dann ergeben sich folgende Ungleichungen für die Wirkung einer Gabe im Voraus (Geldgeschenk) und einer versprochenen Gabe als Gegenleistung (Entschädigung) im Vergleich dazu, dass den Befragungspersonen nichts geschenkt oder versprochen wird (kein Treatment): (1) und 2 Der ersten Vergleichsgruppe (VG 1) wurde zu dem Fragebogen im Umfang von 20 Druckseiten (DIN A4 im maschinenlesbaren Layout sowie mit Foto des Bundeshauses und Bundesplatzes in Bern auf dem Deckblatt einschließlich einer kurzen Anleitung zum Ausfüllen des Fragebogens) und 88 Fragen eine 10-Franken-Banknote mit folgender Erläuterung beigefügt: "Als kleines Dankeschön für Ihre wertvolle Mitarbeit liegen diesem Schreiben 10 Franken bei. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und danken Ihnen bereits an dieser Stelle bestens für Ihr Interesse und Ihre Zusammenarbeit". 9 Der zweiten Vergleichsgruppe (VG 2) wurden 10 Franken als Dank für die Beantwortung des Fragebogens versprochen, die sie per Antwortkarte abrufen konnten: "Nach Erhalt der Postkarte senden wir Ihnen gerne ein kleines Dankeschön - nämlich 10 Franken - für Ihre wertvolle Mitarbeit zu. Wenn Sie die Postkarte zurückschicken, wissen wir zwar, dass Sie sich an unserer Umfrage beteiligt haben, nicht aber welcher der separat eingegangenen Fragebogen von Ihnen ausgefüllt wurde. Ihre Anonymität ist vollumfänglich gewährleistet. Ihre Adresse wird von uns gelöscht, sobald wir Ihnen die 10 Franken zugestellt haben". Die Kontrollgruppe (KG) erhielt lediglich den Fragebogen inklusive Anschreiben, jedoch keine monetären Anreize. Um diese drei Gruppen unterscheiden zu können, wurde jeder einzelne Fragebogen mit einer Nummer versehen. Diese dreistellige Zahl erschien auf jeder Seite des Fragebogens. Anhand dieser Nummer konnte der Fragebogen nach der Retournierung eindeutig einer der drei Untersuchungsgruppen zugeteilt werden. Neben der dreistelligen Nummer befand sich auf jeder Seite der Bogen auch noch eine weitere zehnstellige Zahl, welche für die von uns eingesetzte Scanner-Software (Teleform) notwendig war, die Fragebogen korrekt einzulesen. Die angeschriebenen Personen wurden im Begleitbrief darauf aufmerksam gemacht, dass die Fragebogen elektronisch erfasst werden und die auf dem Fragebogen aufgeführten Zahlen der korrekten Verarbeitung dienen. Sie wurden - entsprechend obigen Ausführungendarüber aufgeklärt, wieso ihre Fragebogen - trotz angeführter Ziffern - anonym Anhand der Versuchsbedingung kann der Vorhersagefehler für die Ausschöpfungsquote um 18% reduziert werden. Sie beträgt -ohne jegliches Nachfassen und abzüglich der Ausfälle - insgesamt rund 45% und ist für die Gruppe der Befragten, die das Geld im Voraus erhielten, mit 63% am höchsten, gefolgt von der Kontrollgruppe (39%). 11 Am geringsten ist mit einer Quote von 34% - wie ebenfalls theoretisch erwartet - die Ausschöpfung für die Gruppe der Befragten, denen das Geld versprochen wurde (vgl. Diekmann/Jann 2001). 12 Von den 56 Personen aus der VG 2 haben 49 Personen die Karte rechtzeitig retourniert und als Gegengabe auch die 10 Franken erhalten. Da weniger Personen die Karte als den Fragebogen zurück geschickt haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Personen Geld erschlichen haben, gering. Die (mittels logistischer Regression geschätzte) relative Chance, einen ausgefüllten Fragebogen zu erhalten, ist mit Geld als bedingungslose Vorleistung mehr als doppelt so hoch als ohne jeglichen Anreiz (Tabelle 2). Bei Kontrolle der Zeitabhängigkeit des Rücklaufs ist die Teilnahmebereitschaft der Personen, die bereits im Voraus den Geldbetrag von 10 Franken erhalten haben, um (2,039 - 1) * 100% = 104% höher pro Zeiteinheit als die der Kontrollgruppe. Die Rücklaufquoten sind bei den Befragten, denen das Geld im Tausch gegen den ausgefüllten Fragebogen versprochen wurde, niedriger als für die Kontrollgruppe, aber die Unterschiede sind statistisch nicht signifikant. Ohne dass wir die tatsächlichen sozialen und psychischen Mechanismen kennen, die dem Rücklauf unter verschiedenen Versuchsbedingungen zugrunde liegen, kann jetzt schon festgehalten werden, dass − gemessen am Ergebnis − die austauschund werterwartungstheoretischen Hypothesen durch unsere Befunde gestützt wer- 11 Im Vergleich dazu seien die Rücklaufquoten für ein ähnliches Methodenexperiment genannt, das wir in Dresden durchgeführt haben (Mehlkop/Becker 2007 Unseren Befunden zufolge dürfte der Einsatz von monetären Anreizen nicht nur effektiv, sondern auch kostengünstiger sein als andere Strategien und Maßnahmen, um den Rücklauf zu erhöhen. Denn je mehr Personen im Zeitfenster vor dem Nachfassen den Fragebogen beantworten und zurücksenden, desto kleiner wird die Risikomenge derjenigen, die nochmals angeschrieben werden müssen und daher auch Kosten verursachen. Diese Vermutung wird zunächst anhand der mittleren Dauer des Rücklaufs überprüft, da davon der Einsatz von Nachfassaktionen im Sinne der TDM nach Dillman (2000) abhängt. Die in Abbildung 1 dargestellten Überlebenswahrscheinlichkeiten - die relativen Anteile derjenigen, die zu den einzelnen Zeitpunkten den Fragebogen noch nicht retourniert haben (Blossfeld/Rohwer 1995) - unterstützen unsere vorherigen Befunde. So erfolgt im Beobachtungszeitraum von 16 Tagen der Rücklauf am ehesten für die Gruppe, die Geld im Voraus erhalten hat, gefolgt von der Kontrollgruppe und dann erst der Gruppe, der Geld nach erbrachter Leistung in Aussicht gestellt wurde. Bis ein Viertel der Fragebogen zurückkommt, und damit noch drei Viertel der ‚Risikomenge' überlebt haben, vergehen bei der im Voraus beschenkten Gruppe 5 Tage, bei der Gruppe, der das Geld versprochen wurde, knapp 11 Tage und schließlich bei der Kontrollgruppe 9 Tage. Die Zeitdifferenzen sind entsprechenden Tests - wie etwa Log-Rank-Test oder Wilcoxon-Test - zufolge signifikant. Nur für die Befragungspersonen, denen zum Fragebogen eine 10-Franken-Banknote beigelegt wurde, kann ein Median von 9 Tagen errechnet werden. Am wenigsten effizient und effektiv erweist es sich dabei wiederum, den Befragungspersonen Geld zu versprechen. Abbildung 1 Überlebenswahrscheinlichkeiten für den Rücklauf in Abhängigkeit von monetären Anreizen Dieser Befund kann mit einem allgemeinen handlungstheoretischen Ansatz wie der ‚Frame Selection Theory" (Esser 1996; Kroneberg 2007 ) differenziert beschrieben werden: Personen, welche die Reziprozitätsnorm internalisiert haben, handeln nach dieser, indem sie bei gegebener Vorleistung einen kognitiven Rahmen aktivieren, der die Gegenleistung als adäquate Handlungsweise (‚habit') beinhaltet (vgl. Esser 1990): Folglich wird der Fragebogen sofort nach Erhalt und ohne viel Nachdenken wahrheitsgemäß ausgefüllt und rasch zurückgesendet. Bei Personen, denen das Geld lediglich versprochen wurde, sollte der kognitive Reziprozitätsrahmen nicht greifen. Das sollte deswegen nicht der Fall sein, weil das in Aussicht gestellte Geld an sich keine Reziprozität beinhaltet, auf die reagiert werden muss. Daher wird der kognitive ‚Frame' für Reziprozität nicht aktiviert und die Reziprozitätsnorm kommt nicht zum Tragen. Das versprochene Geld ist -wie bereits im theoretischen Teil ausgeführt - das Angebot für einen Tausch ‚Geld gegen Antwort' . Der Tausch kann von der Befragungsperson akzeptiert oder abgelehnt werden, aber an sich generiert der Tausch keine Reziprozität. Da dann der angemessene ‚reciprocity frame' nicht aktiviert wird, sollte in der VG 2 (Geld versprochen) ein mehr oder weniger lang andauerndes Räsonieren über Kosten und Nutzen einer Teilnahme eine deutlich größere Rolle spielen als in der VG 1 (Geld im Voraus). Wegen eines fehlenden kognitiven Rahmens dauert die Evaluation von Handlungsalternativen (‚Teilnahme' oder ‚Verweigerung') und Entscheidung für eine bestimmte Handlung vergleichsweise länger. Anhand der Überlebenswahrscheinlichkeiten in Abbildung 1 sehen wir entsprechende indirekte Hinweise für diese Ad hoc-Interpretation: Da die Personen in der VG 2 (Geld versprochen) bei einem fehlenden kognitiven Rahmen lange über eine angemessene Reaktion auf den postalischen Fragebogen nachdenken müssen, brauchen sie vergleichsweise länger, um den Fragebogen zurückzuschicken. Wohlgemerkt können wir keinen direkten Test für diese Interpretation liefern, da wir die entscheidenden Mechanismen wie kognitive Rahmen und gespeicherte Handlungsroutinen nicht erhoben haben. Zudem müssten wir diese auch bei den Nonrespondenten erheben. Ungeachtet dessen werden insgesamt die Befunde von Brennan (1992), Harkness et al. (1998) sowie von Arzheimer/Klein (1998) unterstützt. Unsere Befunde für die Dauer, bis eine entsprechende Rücklaufquote erreicht wird, sprechen dafür, dass über Geld im Voraus erhebliche organisatorische Aufwendungen und Kosten eingespart werden können, die wegen Nachfassaktionen auch bei denen entstehen würden, die zur Antwort bereit sind, sich aber mit dem Rücksenden Zeit lassen (Berger 2006: 92 Zusammenhang von monetären Anreizen und Datenqualität Auch hinsichtlich der Neigung wie Prävalenz für Delinquenz werden unsere Annahmen empirisch unterstützt (Tabelle 3 und 4). Fehlende Werte zu möglichen Straftaten wie Ladendiebstahl, Steuerhinterziehung, Versicherungsbetrug oder Schwarzfahren sind zufällig über die Kontroll- und Vergleichsgruppen verteilt. Daher werden sie nicht weiter berücksichtigt. Zwar neigen einerseits Personen, denen entweder ein Geldbetrag im Voraus zugeschickt oder versprochen wurde, eher als die Kontrollgruppe dazu, keinen Ladendiebstahl, keinen Steuerbetrug oder keine Schwarzfahrten zu begehen. Andererseits würden sie eher als Personen in der Kon- 13 Unter dem Kostengesichtspunkt - und wir sehen, dass mit monetären Vorleistungen der Rücklauf rascher erfolgt und hierbei eine Kostenersparnis gegeben ist, wenn weitere Schritte der TDM nicht mehr notwendig sind - wäre schließlich noch der Schwellenwert für die ‚Incentives' auszuloten. Bei Geldbeträgen von 5 Euro oder 10 Franken pro Befragungsperson müssen in Forschungsanträgen gewisse Überzeugungsarbeiten geleistet werden, da bei größeren Stichproben höhere Summen als ‚Geschenke' eingesetzt werden. In zukünftigen Methodenexperimenten könnten die Geldbeträge abgestuft zwischen 0 bis 100 Euro bzw. Franken variiert werden und in Beziehung zum Rücklauf gesetzt werden. Dadurch lässt sich beurteilen, ob es einen Grenznutzen für die Befragten gibt, und ob Forscher einen Schwellenwert (die zweite Ableitung des geschätzten Grenznutzens) berücksichtigen müssen. Vom Nutzen solcher Methodenexperimente sind dann die Sponsoren zu überzeugen. trollgruppe ihre Versicherung betrügen. Aber diese Unterschiede sind statistisch insignifikant und daher zufällig. Da es sich den drei miteinander verglichenen Gruppen um Zufallsstichproben handelt, sind Abweichungen vom ‚wahren Wert' bei allen Personen gleich wahrscheinlich. Bereits gewährte oder versprochene Geldbeträge sind keine kausalen Faktoren, die wegen sozialer Erwünschtheit oder ‚sponsorship effects' zum systematischen ‚Overreporting' von intendierten gesetzeswidrigen Handlungen führen. In ebenfalls unsystematischer Weise variieren die Berichte der Befragten über von ihnen bereits begangene Straftaten (siehe Modell 1 in Tabelle 4). Zwar geben diejenigen Personen, die bereits den Geldbetrag erhalten haben, in einem geringeren Maße an, bereits Gesetze übertreten zu haben, als die anderen beiden Gruppen. Jedoch sind - auch bei Kontrolle des Alters (siehe Modell 2) - die Unterschiede der Prävalenzraten zwischen den drei Gruppen wiederum statistisch insignifikant. Weiterführende Analysen haben ergeben, dass sich die Kontroll- und Vergleichsgruppen auch nicht hinsichtlich von Merkmalen (Gesetzestreue, Achtung von Eigentumsrechten, materialistische Orientierung, etc.) unterscheiden, die mit Delinquenz korrelieren (Becker/Imhof/Raimann 2007) . Erste Analysen der Hauptuntersuchungen für Bern und Dresden belegen, dass Neigung wie Prävalenz für Straftaten mit der Akzeptanz sozialer Normen (wie etwa Eigentumsrechte, Reziprozität etc.) korrelieren (Becker/Imhof/Raimann 2007) : Personen, die solche Normen internalisiert haben, neigen bei Kontrolle subjektiv erwarteter Nutzen und Kosten sowie subjektiv erwarteter Erfolgs- und Entdeckungswahrscheinlichkeiten signifikant seltener zu delinquentem Handeln. Zusammenhang von monetären Anreizen und Stichprobenzusammensetzungen Auch wenn monetäre Anreize nicht mit systematischem Antwortverhalten einhergehen, ist nicht ausgeschlossen, dass sie aufgrund der signifikanten Unterschiede in den Ausschöpfungen zu selektiven Stichproben führen. Da wir in der Haupterhebung dem Fragebogen einen Geldbetrag von 10 Franken im Voraus beifügen, ist es interessant, zu wissen, ob sich die Gruppe der im Voraus Beschenkten in Bezug auf sozialstrukturelle Merkmale und Korrelate mit Delinquenz von den anderen beiden Gruppen unterscheidet. Sollte dies der Fall sein, könnte dies auch ein Problem für die Interpretation der erhobenen Daten bedeuteten. Allerdings ist eine Beurteilung mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Erstens ist die Verteilung von Einstellungen und Werthaltungen zur Delinquenz in der Grundgesamtheit unbekannt, so dass es nicht möglich ist, Abweichungen in den Stichproben beurteilen zu können. Das ist jedoch für unsere Problemstellung unerheblich. Zweitens ist die Verteilung dieser Strukturen auch für die Ausgangsstichproben - sprich für die Vergleichs- und Kontrollgruppen - unbekannt. Aus stichprobentheoretischen Gründen können wir nur vermuten, dass aufgrund der zufälligen Ziehung dieser Teilstichproben keine systematischen Unterschiede zwischen diesen bestehen. Drittens haben wir die Schwierigkeit, dass wir unterstellen müssen, dass etwa die Referenzgruppe - in unserem Fall ist es die Gruppe, die kein ‚treatment' erhielt - diejenige ist, bei der am ehesten eine Stichprobe realisiert werden kann, die im oftmals missverstandenen Methodenjargon als ‚repräsentativ' bezeichnet wird (vgl. Pötter/Rendtel 1993) . Daher haben folgende Analysen, die nicht mit so genannten Repräsentativitätsstudien zu verwechseln sind, eher einen explorativen Charakter. Zunächst ist festzustellen, dass in Bezug auf sozialstrukturelle Merkmale wie etwa Alter, Geschlecht, Nationalität, Bildungsniveau und Schichtzugehörigkeit keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, denen entweder Geld beigelegt oder versprochen wurde, und den Befragten, die keine monetäre Anreize erhielten, bestehen (Modell 1 in Tabelle 5). 14 Gleiches gilt für Bewertungen von Werthaltungen und Verhaltensweisen wie etwa Beitrag zum Allgemeinwohl, Achtung der Eigentumsrechte anderer Personen, Verwerflichkeit von Bereicherung auf Kosten anderer oder strikte Gesetzestreue (Modell 2 in Tabelle 5). Andere Befunde liegen für die Bewertung von ausgewählten Strafdelikten wie etwa Ladendiebstahl, Versicherungsbetrug, Schwarzfahren oder Steuerhinterziehung vor (Modell 3 in Tabelle 5). Einerseits sehen Personen, denen Geld als Gegenleistung in Aussicht gestellt wurde, einen Versicherungsbetrug als weniger schlimm an als Personen, die keine monetären Anreize erhielten. Andererseits finden Personen, denen ein Geldbetrag versprochen wurde, das Schwarzfahren verwerflicher als die Kontrollgruppe. Die Personen, die einen Geldbetrag im Voraus erhielten, unterscheiden sich bei ihren Bewertungen nicht signifikant von der Kontrollgruppe. Zusammenfassung und Diskussion Ziel des vorliegenden, im Rahmen einer Bevölkerungsumfrage in Bern durchgeführten Methodenexperimentes war es, für eine postalische Befragung empirisch festzustellen, ob materielle Anreize auch bei sensiblen und für die Befragungspersonen möglicherweise heiklen Fragen zur eigenen Delinquenz (Ladendiebstahl, Steuerhinterziehung, Schwarzfahren und Versicherungsbetrug) die Rücklaufquote in bedeutsamer Weise fördern. In der experimentellen Versuchsanordnung wurden drei Gruppen unterschieden: Der ersten Untersuchungsgruppe wurde dem Fragebogen eine 10-Franken-Banknote beigefügt; der zweiten Untersuchungsgruppe hingegen wurden 10 Franken versprochen, wenn sie den Fragebogen beantworten und termingerecht zurückschicken. Die Kontrollgruppe erhielt kein zusätzliches ‚treatment' . Aus der Perspektive der strikten, d. h. ökonomistischen Rationalität war theoretisch zu erwarten, dass die monetäre Vorleistung nicht zur Steigerung des Rücklaufs beiträgt, da die Befragungspersonen das Geld nehmen, aber keine Gegenleistung erbringen. Hingegen wäre es für die Befragten, denen Geld versprochen wurde, unter der Voraussetzung, die 10 Franken kompensieren ihre Mühen und Anstrengungen, auch rational, den Fragebogen auszufüllen, um an das Geld zu gelangen. In diesem Falle hätten versprochene monetäre Anreize eine positive Wirksamkeit auf den Rücklauf bei postalischen Befragungen. Jedoch belegen empirische Studien das Gegenteil: In der Regel beantworten Personen, die bedingungslos im Voraus Geld erhalten haben, den Fragebogen eher als Personen, denen Geld für den Fall der Antwort versprochen wurde. Oftmals ist der Rücklauf bei der letzten Gruppe sogar niedriger als für eine Kontrollgruppe, denen kein monetärer Anreiz zukam. Dieses scheinbare Paradox der Teilnahme an einer wissenschaftlichen Befragung löst sich auf, wenn austausch-und werterwartungstheoretische Erklä-rungsansätze herangezogen werden. Aus dieser theoretischen Perspektive wird angenommen, damit mit einer monetären Vorleistung seitens der Forscher eine Verpflichtung zur Reziprozität bei den Befragungspersonen entsteht, deren Einhaltung einen Nutzen für sie als kooperative Akteure erbringt. Eine bedingungslose monetäre Vorleistung stellt offensichtlich eine vertrauensbildende Maßnahme dar, die notwendig scheint, damit eine befragte Person ihr unbekannten Forschern (sensible) Informationen auf gezielte Frage zur Verfügung stellt. Versprochenes Geld ist dagegen kontraproduktiv: Da Befragungspersonen sich trotz des Versprechens der Forscher nicht sicher sein können, das Geld nach Beantwortung der Fragen tatsächlich zu erhalten, werden sie in der Regel auch nicht kooperieren. Auch wenn wir die theoretisch angeführten sozialen und psychischen Mechanismen nicht direkt gemessen haben, und das ist in jedem der uns bekannten Methodenexperimente ebenfalls das Problem, so werden - gemessen an den ‚treatments' und ‚outcomes' - unsere Modellüberlegungen durch die vorgelegten empirischen Befunde gestützt. Sofortige monetäre Leistungen fördern auch bei Fragen zur Delinquenz den Rücklauf einer postalischen Befragung. Ohne Nachfassen antworteten innerhalb von zwei Wochen bis zu zwei Drittel der Befragten, denen 10 Schweizer Franken zum Fragebogen beigelegt wurden. In Kombination mit zwei Nachfassaktionen gemäß der ‚Tailored Design Method' (TDM) von Dillman (2000) wäre eine zufriedenstellend hohe und von geringerer Selektivität gekennzeichnete Rücklaufquote zu erwarten. Möglicherweise ist diese Einschätzung sehr optimistisch. Denn mit zunehmender Dauer, mit der eine Vorleistung zurückliegt, verblasst möglicherweise das ‚Gefühl der Reziprozität' . 15 In einigen Fällen dürfte eine Auffrischung über ein Erinnerungsschreiben kaum gelingen, so dass die Rücklaufquote unter dem erwartbaren Optimum liegen wird. Offensichtlich gibt es auch keine unbeabsichtigten Einflüsse beim Antwortverhalten der Befragten. Ein systematisches ‚overreporting' von bereits begangenen 15 Dass diese Einschätzung nicht zu optimistisch ist, zeigen die Rückläufe für unsere in der Zwischenzeit abgeschlossene Haupterhebung. Von 2.854 Fragebögen der Brutto-Stichprobe (neutrale Ausfälle: 5,2%) kamen nach zweimaligem Nachfassen insgesamt 2.230 verwertbare Fragebögen in der Feldzeit zurück. Die Ausschöpfungsquote beträgt somit rund 78%. Davon haben 41 Personen (fast 2%) zusätzlich zum ausgefüllten Fragebogen auch die 10 Franken zurückgeschickt. Von den 624 Verweigerern schickte mehr als die Hälfte (343 Personen) den Geldbetrag von 10 Franken zusammen mit dem leeren Fragebogen zurück (unter anderem mit Bemerkungen, dass sie unentgeltlich mitmachen wollen oder dass wir Forscher uns davon einen Kaffee leisten sollten). Nach der Feldzeit erreichten uns 70 teils ausgefüllte, teils leere Fragebogen. Auch hierbei sandten 17 Befragungspersonen den Geldbetrag zurück; eine davon − aus welchen Gründen auch immer − sogar den doppelten Betrag von 20 Franken. Die Retournierung der Geldbeträge nach nicht erbrachter Leistung spricht für die Reziprozitätsthese an sich und auch für das austauschtheoretische Argument, dass sich Befragte in einem unerwünschten Abhängigkeitsverhältnis sehen, wenn sie nicht kooperieren. Straftaten oder der Prävalenz infolge sozialer Erwünschtheit, die wiederum durch monetäre Anreize ausgelöst werden könnte, konnte nicht festgestellt werden. Verweigerungen von Fragen zu Straftaten hängen auch nicht davon ab, ob monetäre Anreize (nicht) gewährt oder versprochen wurden. Ebenso gibt es keine Hinweise dafür, dass bedingungslos im Voraus gewährte Anreize zu selektiven Analysestichproben führen. Unsere Befunde unterstützen bereits vorliegende Methodenexperimente (Mehlkop/Becker 2007; Berger 2006) und belegen darüber hinaus, dass es auch für eine Studie, in der die Befragungspersonen aufgefordert werden, selbst über ihr rechtswidriges Verhalten zu berichten, sinnvoll wäre, monetäre Anreize sofort und bedingungslos zu liefern. Allerdings sind wir davon überzeugt, dass der überraschend deutliche Erfolg unserer Bemühungen, eine hohe Rücklaufquote zu erzielen, auch auf sorgfältigen Vorarbeiten basiert. Der zuletzt eingesetzte Fragebogen wurde zwei kognitiven Pretests unterzogen. Des Weiteren wurde er in einer webbasierten Online-Befragung unter Berner Studierenden getestet (Becker/Imhof/Raimann 2007) . Sowohl bei der Gestaltung des Anschreibens als auch des Fragebogens wurden die Empfehlungen von Stadtmüller und Porst (2005) , Porst (2000 Porst ( , 2001 und von Dillman (2000) umgesetzt. Offensichtlich war die zugesicherte Anonymität überzeugend und auch die Erläuterung der Kennziffern auf dem oberen Rand des Fragebogens als Justierungs- und Erkennungspunkte für das maschinelle Einlesen erschien den Befragungspersonen transparent. Und schließlich wurde an die Kooperationsbereitschaft der Befragungsperson appelliert und die Bedeutsamkeit ihres Beitrags für die Sozialwissenschaft im Allgemeinen und für die schweizerische Forschung im Besonderen hervorgehoben. In theoretischer Hinsicht sind die zentralen Mechanismen weiterhin ungeklärt, warum Befragungspersonen eher antworten, wenn sie beim Erstkontakt zusätzlich zum Fragebogen bedingungslos im Voraus Geld erhalten, als wenn ihnen ein Geldbetrag für den Fall in Aussicht gestellt wird, dass sie den Fragebogen ausfüllen und zurückschicken. Zwar sprechen die vorliegenden Befunde für die Theorie subjektiver Werterwartung im Allgemeinen und für die Reziprozitätsthese im Besonderen. Aber das ist noch lange keine Gewähr dafür, dass diese Theorien zutreffend sind, wenn nicht empirisch nachgewiesen wird, dass die prognostizierten Mechanismen sowohl der Kosten-Nutzen-Abwägung als auch der Reziprozität tatsächlich für den Rücklauf verantwortlich sind (Hedström/Swedberg 1998) . Deren genaue Kenntnis − also der Mechanismen und Prozesse in der ‚black box' − bedient nicht einen Methodenfetischismus oder eine theoretische Eitelkeit nach dem Motto: "Haben wir doch schon immer gewusst". Vielmehr kann dieses Wissen dazu beitragen, den Rücklauf im Weberschen Sinne ursächlich zu verstehen und dadurch auch besser kontrollieren und steuern zu können. Damit wäre die Möglichkeit eingeschlossen, die Ausschöpfung bei gleichzeitiger Vermeidung von Selektivitäten noch weiter zu steigern als dies bislang der Fall ist. Dazu reicht es sicherlich nicht aus, lediglich sozialstrukturelle Merkmale der Verweigerer in Erfahrung zu bringen. Vielmehr benötigen wir für alle Befragungspersonen exakte Informationen über ihre Gründe für Kooperation und Verweigerung. Erst dann können weitere Maßnahmen ergriffen werden, um auch potentielle Verweigerer zur Teilnahme an postalischen Befragungen zu motivieren oder gar Verweigerer zu Teilnehmern zu konvertieren (Neller 2005) . Als erwünschter Nebeneffekt könnte sich eine geringere Selektivität von realisierten Stichproben ergeben. Darauf kommt es eher an als bloß auf die quantitative Ausschöpfung (Koch 1998; Pötter/Rendtel 1993) . Literatur -die vorliegende Untersuchung ein weiterer Beitrag zur Schließung dieser Lücke. Im folgenden Abschnitt werden in aller Kürze Forschungsstand im Lichte empirischer Ergebnisse und theoretische Erklärungsansätze zur Effektivität monetärer Anreize bei postalischen Befragungen diskutiert. Die Darstellung unserer Studie über kriminelles Handeln, der Daten und des experimentellen Designs bildet den dritten Abschnitt. Die empirischen Resultate werden im vierten Abschnitt dargestellt und eine abschließende Diskussion erfolgt im fünften und letzten Abschnitt. 2 Forschungsstand und theoretischer Hintergrund 2.1 Forschungsstand im Lichte empirischer Ergebnisse Betrachtet man sowohl Einzelstudien als auch Meta-Analysen mehrerer Studien, dann liegen vor allem für die aktuellen Experimente eindeutige Befunde und einhellige Interpretationen der Ergebnisse vor Im Gegenteil: Da ein versprochenes, an Vorleistungen geknüpftes Geschenk möglicherweise eher als ein ‚symbol of distrust' oder als der Beginn eines geschäftsmäßigenAustauschs (d. h. Warriner et al 1996; Berger 2006). Zum einen variieren die Geldbeträge als Schwellenwert für zu hohe Vorleistungen und zum anderen unterscheiden sich die jeweiligen Studien in Thema und Design. So ist beispielsweise nicht sichergestellt, ob der Schwellenwert für eine Studie zu einem unverfänglichen Thema einen gültigen Schwellenwert für Befragungen zu heiklen Themen darstellt. Diese offene Frage eröffnet zweifelsohne Perspektiven für zukünftige Methodenforschung, in der die Geldbeträge variiert werden. Dass es einen kurvilinearen Zusammenhang zwischen Geldbetrag und Rücklauf gibt, ist aus Sicht der Theorie subjektiver Werterwartung durchaus plausibel: Aus werterwartungstheoretischer Sicht erfolgt bei einem aus der subjektiven Perspektive der befragten Person hohen Geldbetrag 6 US-amerikanische Studien und eine Vielzahl von Meta-Analysen berichten über einen kurvi- linearen Zusammenhang zwischen Geldbetrag und Rücklauf (Amstrong 1975; Fox/Crask/Kim 1988; James/Bolstein 1992; ein Wechsel des kognitiven Rahmens für die soziale Definition der Befragungssituation (Esser 1996). Aus einer Situation des ‚good will' wird in der subjektiven Wahrnehmung der Zielperson ein Geschäftsakt, wenn der Sozialforscher den Geldbetrag zu hoch ansetzt. Diese sozialpsycho- logische Erklärung ist in unserem Fall kompatibel mit einer reaktanztheoretischen, der zufolge eine Befragungsperson versucht, ihre eingeengte Freiheit für die Wahl zwischen Teilnahme und Nichtteilnahme wieder herzustellen. So verweigern sie bewusst die Teilnahme, "um ihre durch zu hohe Incentives bedrohte persönliche Freiheit wieder herzustellen" (Stadtmüller/Porst 2005: 5). Netto- Stichprobe Neutrale Ausfälle Brutto- Stichprobe Keine Teilnahme Teilnahme Rücklauf nicht auf eine Person rückführbar sind. Lediglich eine einzige Befragungsperson entfernte diese Identifikationsziffern. Die Feldzeit erstreckte sich in der Zeit vom 6. bis zum 21. März 2006. Da es uns nur um den unmittelbaren Effekt monetärer Anreize ging, wurde nicht nachgefasst. Der Fragebogen wurde den Befragten per A-Post, dem schnellsten Postweg in Bern mit einer Zustelldauer von einem Tag, zugestellt. Nach Ausfüllen des Fragebogens konnten die Befragten diesen im beigelegten adressierten und frankierten Briefkuvert zurücksenden. 10 4 Empirische Resultate 4.1 Zusammenhang von monetären Anreizen und der Ausschöpfung Tabelle 1 Ausschöpfungsquote einer postalischen Befragung in der Stadt Bern zum Thema Kriminalität in Abhängigkeit von monetärem Anreiz (Zeitraum: 16 Tage) Kontrollgruppe 170 3 167 102 65 38,9% VG 1: Beigelegt 170 5 165 61 104 63,0% VG 2: Versprochen 170 5 165 109 56 33,9% Insgesamt 510 13 497 272 225 45,3% 9 Lambda = 0,181 Zwei Gründe sprechen für die Verwendung einer 10-Franken-Banknote. Zum einen ist dieser Geldschein der geringste Betrag in Papierform und damit leichter als eine Münze, wodurch Por- togebühren eingespart werden können, die für die A-Post mit höchster Priorität preisintensiv sind. Zum anderen scheint der Betrag angemessen zu sein, während der nächste höhere Betrag in Papierform bereits 20 Franken beträgt und als Anreiz weniger effektiv ist. Diese Abstufung der Geldnoten hat uns davon abgehalten, im Experiment den Wert der ‚Incentives' zu variieren, um dadurch die Frage beantworten zu können, ob mit steigendem Wert der Gabe im Voraus die Ausschöpfungsquote zunimmt. In jüngster Zeit wurden bei einem ähnlichen Methoden- experiment in der Schweiz positive Erfahrungen mit dem Geldwert von 10 Franken gemacht (Diekmann/Jann 2001). Allerdings scheint heute bei einer weiten wie rasanten Verbreitung von Mobiltelefonen der Einsatz einer Telefonkarte für öffentliche Fernsprecher im Wert von 10 Schweizer Franken - wie dies Diekmann/Jann (2001) noch mit erheblichem Erfolg prakti- ziert haben - als materieller Anreiz wenig erfolgversprechend.undIn der Tat gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Strategie, den ‚Response' mittels monetärer Anreize zu erhöhen, und dem Rücklauf von ausge- füllten Fragebögen (Tabelle 1). Damit werden die zuvor diskutierten Befunde iden- tischer oder ähnlicher Methodenexperimente repliziert (vgl. Diekmann/Jann 2001; Mehlkop/Becker 2007).10 Um eine vordergründige Sensibilisierung der Befragten auf das Untersuchungsthema, nämlich Determinanten der individuellen Delinquenz zu vermeiden, wurde die Studie unter das Motto "Lebensqualität und Kriminalität in Bern" gestellt. Dieses Motto greift auch derzeitige Diskus- sionen in der Berner Öffentlichkeit auf. Für den Einstieg wurden Sachverhalte wie dringende Probleme der Stadt Bern, Einschätzung der Arbeit der Berner Polizei und der öffentlichen Si- cherheit, eigene Viktimisierung sowie Fragen zum Lebensalltag und zu sozialen Normen heran- gezogen (vgl. Porst 1999). ). Insgesamt lag in Dresden der Rücklauf bei rund 40%. Rund 52% der im Voraus mit Geld ‚beschenkten' Befragungspersonen schickten den Fragebogen zurück, aber nur 28% der Befragten in der Kontrollgruppe. Eine Vergleichsgruppe, der das Geld gegen Leistung versprochen wurde, gab es nicht. Es sei nochmals betont, dass diese Ausschöpfung bei mit einem heiklen Thema, einem relativ langen Fragebogen und ohne Nachfassen erreicht wurden. Für die Ausfälle ist noch zu erwähnen, dass fünf der 170 Berner Befragungspersonen in der ersten Experimentalgruppe das Geld zusammen mit dem unausgefüllten Fragebogen zurückgeschickt haben. Bei den anderen acht Ausfällen war die Adresse nicht mehr aktuell oder der Adressat verstorben. Ähnliches kann für das Experiment in . Die Hypothese der strikten Rationalität hält wiederum - wie in anderen Studien auch - nicht der Empirie stand. Tabelle 2 Gruppenunterschiede in der Ausschöpfung in Abhängigkeit von monetärem Anreiz (odds ratios) Logistische Regression Cox-Regression Kontrollgruppe 1 1 VG 1: Beigelegt 2,675*** 2,039*** VG 2: Versprochen 0,806 0,821 Pseudo-R² (McFadden) 0,047 0,013 N 497 497 Dresden berichtet werden: Fünf von 100 Personen aus der Gruppe mit Geldgeschenk haben den Fragebogen zwar unausgefüllt, aber mit der 5-Euro-Banknote zurückgeschickt, und eine Per- son hat einen ausgefüllten Fragebogen zusammen mit der 5-Euro-Banknote zurückgeschickt (Mehlkop/Becker 2007). 12 Dass unsere Rücklaufquoten etwas niedriger sind als beim Experiment von Diekmann/Jann (2001), hat mehrere Gründe. Nicht nur, dass wir mit einer sensiblen und heiklen Thematik an die Befragungspersonen herangetreten sind, sondern es ist (xsd:string)
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