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  • Verlaufsanalysen zur Familienbiografi e in Deutschland Lebensformen neben der klassischen Ehe von Männern und Frauen und eine gesunkene Fertilität prägen in Deutschland die Diskussion um die moderne Familie. Kirchen und Religionsgemeinschaften beziehen durchaus Stellung zu Fragen von Familie und Fertilität, in besonderem Maße die katholische Kirche. Der Einfluss der Kirche auf das private Familienleben scheint allerdings rückläufig zu sein. In Deutschland weisen sinkende Mitgliederzahlen bei den großen Volkskirchen auf eine zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft hin. Vor diesem Hintergrund wird in diesem Beitrag der Frage nachgegangen, inwieweit sich in Deutschland Angehörige verschiedener Konfessionen hinsichtlich familienbiografischer Ereignisse unterscheiden. Auch wenn man von einem schwindenden Einfluss der Amtskirchen auf den Lebensalltag der Kirchenmitglieder ausgeht, könnten spezifische Verhaltensvorgaben oder auch eher allgemeine normative Erwartungen einen Niederschlag im Verhalten mit sich bringen. Entgegen dem Säkularisierungstrend haben in den letzten Jahrzehnten durch Zuwanderungsprozesse religiöse Gruppen, die nicht zu den beiden großen Kirchen gehören, an Bedeutung gewonnen. Auch hier stellt sich die Frage, ob sich dies in den Familienbiografien in Deutschland niederschlägt. Dieser Beitrag hat Entwicklungsphasen im Blickfeld, die durch die Ereignisse Auszug aus dem Elternhaus, Eheschließung und Geburt von Kindern gekennzeichnet sind. Welche Rolle spielt die Konfessions-bzw. Religionszugehörigkeit für das Timing dieser familienbiografischen Ereignisse? sionelle Bindung weiter verbreitet als in den neuen Bundesländern und der Einfluss der Kirche auf viele Aspekte des Lebens ausgeprägter. Insbesondere der Schwangerschaftsabbruch wird von den großen Volkskirchen abgelehnt. Deutlich und mit offizieller Lehrmeinung äußert sich die katholische Kirche zu Familie und Geburten (McQuillan 2004). Sie stützt die Ehe und lehnt den Gebrauch nicht natürlicher Maßnahmen zur Geburtenkontrolle, außereheliche Sexualität und wechselnde oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften ab. Auch wenn viele Katholiken diese Vorgaben nicht oder nicht in vollem Umfang praktizieren, kann man annehmen, dass Werthaltungen und Verhalten der Kirchenmitglieder nicht unabhängig von der konfessionellen Bindung sind und die gewählte Lebensform beeinflussen. Andere christliche Religionen haben weniger restriktive Sichtweisen hinsichtlich der Verhütung, aber auch eine strenge Ablehnung von Schwangerschaftsabbruch. In der Islamischen Lehre wird zwar keine universelle Position vertreten, allerdings finden sich in 3 . Die individuellen Familienbiografien werden mit den Methoden der Ereignisanalyse analysiert (Blossfeld et al. 2007). Dabei werden auch rechtszensierte Fälle, bei denen das Ereignis bis zum Befragungszeitpunkt noch nicht eingetreten ist, für die Berechnung verwendet. Dies ist insbesondere bei jungen Geburtsjahrgängen von Bedeutung. Exponentiated coefficients; * p < 0.05, ** p < 0.01, *** p < 0.001 Datenbasis: Allbus 1980 -2012 (kumuliert); doi: 10.4232/1.11898 41,7 1,0 42,3 1,6 1,0 12,3 2002 38,7 1,4 39,5 2,0 3,2 15,2 2012 35,1 1,1 38,9 2,6 4,5 17,9 Ostdeutschland 1992 27,2 1,2 4,3 0,4 0,4 66,4 2002 28,4 0,8 6,6 0,9 0,4 62,9 2012 24,8 1,6 4,2 1,1 0,3 67,9 1 1980 nur Befragte mit deutscher Staatsangehörigkeit Datenbasis: Allbus 1980 -2012 (kumuliert); doi: 10.4232/1.11898 Exponentiated coefficients; * p < 0.05, ** p < 0.01, *** p < 0.001 Datenbasis: Allbus 1980 -2012 (kumuliert); doi: 10.4232/1.11898 Unterschiede in den Fertilitätsmustern zwischen ost-und westdeutschen Frauen. Differenzierung der Rollen des kulturellen Hintergrunds und des Transformationsprozesses Comparative Population Studies Event History Analysis with Stata Religiosity as a Demographic Factor -An Underestimated Connection? Marburg Journal of Religion The relatioship between religion and fertility: Evidence for Austria Fertilität Handbuch Familiensoziologie. S When Does Religion Influence Fertility? Population and Development Review Sacred and Secular. Religion and Politics Worldwide Religion in der Moderne. Ein internationaler Vergleich Campus Verlag Eheschließung und Ehestabilität im Lebensverlauf Sozialer und politischer Wandel in Deutschland. Analysen mit ALLBUS-Daten aus zwei Jahrzenten The Timing of First Marriage: Are There Religious Variations? Journal of Family Issues INFORMATIONSDIENST SOZIALE INDIKATOREN Sozialberichterstattung • Gesellschaftliche Trends • Aktuelle Informationen 149B1FCF377AAD3463E8CA85EF458B47 10.4232/1.11898 GROBID - A machine learning software for extracting information from scholarly documents Katholikinnen verweilen länger im Elternhaus Verlaufsanalysen zur Familienbiografi e in Deutschland Befragungsjahre 1980 , -82, -84, -86, -88, -91, 2000 und 2010 : Heirat, Scheidung, Tod des Ehepartners, ab 1988 auch in der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion um familiales Verhalten eine nicht unwesentliche Rolle. Pollack und Rosta (2015: 150) konstatieren für Westdeutschland Parallelen bei der Entwicklung der religiös-kirchlichen Strukturen und den Familienstrukturen seit Mitte der 1960er Jahre: Die zunehmende Säkularisierung geht mit sinkenden Erstheiratsziffern und Geburtenraten einher. Auch Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern werden auf konfessionelle Differenzen zurückgeführt. So wird als ein Aspekt zur Erklärung der Ost-West-Differenzen bei Familiengründung und Fertilität die säkulare ostdeutsche Tradition genannt (Kopp/Richter 2015). Die Nutzung verschiedener Kontrakonzeptiva sowie Schwangerschaftsabbruch waren in der früheren DDR gebräuchliche Methoden der Familienplanung, eine Ehescheidung vergleichsweise einfach. In den alten Bundesländern war, neben den Unterschieden in der staatlichen Familienpolitik vor der deutschen Wiedervereinigung, auch die konfes- Alter von Frauen beim Auszug aus dem Elternhaus und bei der 1. Heirat -Cox-Regressionen Seite 2 der neueren Lehre Stimmen, die sich für ISI 54 -August 2015 Geburtenkontrolle aussprechen, Abtreibung und verschiedene Formen von Verhütung, insbesondere Sterilisation, finden allerdings Ablehnung. Obwohl es keine einheitliche Lehrmeinung im Islam dazu gibt, werden in islamischen Bevölkerungen bei Befragungen religiöse Gründe für das Unterlassen von Verhütung genannt. In Bezug auf Fertilität nennt McQuillan (2004) drei Elemente, die für den Einfluss von Religionen von Bedeutung sind. Es sollte Verhaltensnormen geben, die einen Bezug zum Geburtenverhalten haben, es bedarf der Kommunikation, um die Mit-glieder zu erreichen und die Befolgung einzufordern, und weiterhin sollten die Mitglieder ein hohes Maß an Zugehörig-keit zur Religionsgemeinschaft empfinden. Ein ideologischer Einfluss der Religion hinsichtlich des Familienlebens, der Sexu-alität oder geschlechtsspezifischer Verhal-tensnormen wird dabei vor allem jenseits spezifischer Verhaltensregeln gesehen. Die hohe Fertilität bei Muslimen wird mit Widerstand gegenüber den ökonomischen und kulturellen Wandlungen im Zuge der Globalisierung sowie einem zunehmenden Einfluss der Religion auf das soziale und demografische Verhalten in Verbindung gebracht. Norris und Inglehart (2004) pos-tulieren einen Zusammenhang zwischen wohlfahrtsstaatlicher Absicherung einer Bevölkerung und einem Bedeutungs-verlust von religiösen Überzeugungen, was zu sinkender Fertilität führt. Mit der zunehmenden Befreiung von existenziellen Sorgen, werden religiöse Werte durch indi-vidualistische und nicht kirchlich definierte Werte ersetzt, die auch zu einem Rückgang der Geburten führen. Einhergehend mit dem Prozess einer zunehmenden Säkula-risierung in vielen Gesellschaften, werden auch Gesellschaften mit steigendem Anteil religiöser Menschen identifiziert, die zudem ein Bevölkerungswachstum aufweisen (vgl. Blume 2006). Dies trifft vor allem für die muslimische Welt zu. Die Immigration nach Deutschland aus diesen Gesellschaften dürfte dem allgemeinen Säkularisierungs-trend entgegenstehen. Tabelle 1: Bevölkerungsanteil nach Religionsgemeinschaften (in %) Andere Ansätze betonen die rationale Aus-wahlentscheidung hinsichtlich einer Fami-liengründung aus einer Vielzahl von Opti-onen und Wahlmöglichkeiten (Kopp/Richter 2015). Das Risiko einer langfristigen Festle-gung der weiteren Biografie durch Familie und Kinder sowie mögliche Opportunitäts-kosten, d. h. dass vorhandene Möglichkeiten nicht genutzt werden, werden in das Kalkül für die weitere Lebensplanung einbezogen. Insbesondere bei höher gebildeten Frauen, mit vergleichsweise günstigen Möglichkei-ten der Erwerbstätigkeit, steht eine Famili-engründung mit Kindern diesen Alternati-ven in der persönlichen Biografie entgegen. Diejenigen, die ihren Spielraum nicht durch religiöse Vorschriften einschränken, stehen neben Familie und Kindern eine Vielzahl von Optionen für die Lebensplanung zur Verfügung. Auch hinsichtlich der Wohn-ortsgröße sind Unterschiede beim Timing familienbiografischer Ereignisse wegen unterschiedlicher Opportunitätsstrukturen zu erwarten. In ländlichen Gebieten könnten geringere Arbeitsmarktchancen als in städti-schen Gebieten und weniger Gelegenheiten zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften die Attraktivität einer Familiengründung erhö-hen (vgl. Weick 2004). Daneben dürfte auch das höhere Maß an sozialer Kontrolle in ländlichen Gebieten nichtehelichen Lebens-gemeinschaften stärker entgegenstehen als in städtischen Gebieten. Konfessionsunter-schiede im Timing familienbiografischer Ereignisse werden auch auf Struktureffekte zurückgeführt, d. h. auf die sozialstruktu-relle Zusammensetzung religiöser Gruppen (Heineck 2012). Nicht die religionsspezi-fischen Wertvorstellungen wären dann entscheidend für Haushalts-und Famili-enbildung, sondern die Zusammensetzung der konfessionellen Gruppen hinsichtlich der relevanten sozioökonomischen Merk-male. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der eigenständigen statistischen Erklärungskraft der Zugehörigkeit zu verschiedenen Religi-onsgemeinschaften auf das Timing famili-enbiografischer Ereignisse von Frauen. Für die vorliegende Studie werden die Daten der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) 1 verwendet Religionsgemeinschaft und neben den Angaben zur Konfession insbesondere auf das mehrfach replizierte Fragemodul zur Familienbiografie 2 sowie auf die Fragen zu Kindern innerhalb und außerhalb des Haushaltes, die ab 1996 regelmäßig erhoben wurden, zurückgegrif-fen. Für die Analyse von Familienbiografien hat die Nutzung von Retrospektivfragen zur Erfassung des Zeitpunktes der famili-enbiografischen Ereignisse, wie sie auch im ALLBUS enthalten sind, einen zentra-len Stellenwert. Anhand dieser Angaben lassen sich Lebensverläufe rekonstruieren und Regelmäßigkeiten identifizieren. Damit steht ein Instrument zur Analyse individueller Längsschnittbiografien zur Verfügung. Durch die Kumulation mehre-rer Querschnittsbefragungen, ist es möglich, Analysen auf der Basis höherer Fallzahlen durchzuführen und auch aktuelle Entwick-lungen einzubeziehen. Eine Einschränkung liegt darin, dass individuelle Verläufe für nichteheliche Partnerschaften sowie weitere Bereiche wie Ausbildungs-und Erwerbs-biografie nicht retrospektiv erfasst sind und damit auch nicht in zeitlichem Bezug analysiert werden können Anteil der Konfessionslosen nimmt deutlich zu Zunächst wird der Frage nachgegangen, wie sich die konfessionelle Bindung der Bevölkerung in Deutschland entwickelt hat. In den ALLBUS-Erhebungen wird seit 1980 nach der Konfessionszugehörigkeit gefragt. Der Mitgliederschwund der beiden großen Volksreligionen in den alten Bun-desländern zeigt sich in einer erheblichen Zunahme des Bevölkerungsanteils ohne konfessionelle Bindung. Während 1980 nur 6,6% der westdeutschen Erwachsenen keiner Konfessionsgemeinschaft angehör-ten, waren es 2002 schon 15,2% und 2012 Erhebungsjahr evangelisch evangelische römisch-katholisch andere andere keine ohne Freikirchen Freikirchen christliche nicht-christliche Westdeutschland 1980 1 47,8 2,5 42,1 0,6 0,3 sogar 17,9%. Auf der anderen Seite hat im gleichen Zeitraum von 1980 bis 2012 der Anteil, der den beiden großen Kirchen ange-hört, abgenommen: Bei Protestanten von 47,8% auf 35,1% und bei den Katholiken etwas weniger stark von 42,1% auf 38,9% 4 . Auffallend ist, dass im gleichen Zeitraum bei anderen christlichen und noch stärker bei nicht-christlichen Religionsgemeinschaften eine deutliche Zunahme zu verzeichnen ist. Erstere hatte 2012 einen Bevölkerungsanteil von 2,6%, letztere von 4,5%. 1980 war die Verbreitung dieser beiden Religionsgemein-schaften, mit jeweils deutlich unter einem Prozent, noch erheblich geringer. Dem Trend einer zunehmenden Säkularisierung in den alten Bundesländern steht die Ausweitung dieser kleineren Religionsgemeinschaften entgegen. In Ostdeutschland, mit seiner säkularen Tradition, ist die konfessionelle Bindung deutlich geringer als in Westdeutschland und die Veränderungen seit dem Beginn der 1990er Jahre sind erheblich kleiner als in den alten Bundesländern. Etwa zwei Drittel der Ostdeutschen gehören keiner Religi-onsgemeinschaft an, ein Viertel ist protes-tantisch. Katholiken stellen in den neuen Bundesländern mit einem Anteil von 4,2% nur eine kleinere Konfessionsgemeinschaft, neben anderen christlichen Religionen mit einem Anteil von 1,1% dar. Weit unter einem Prozent liegt der Anteil von nicht-christlichen Religionsgemeinschaften 5 in den neuen Bundesländern, was sich nicht zuletzt auf den geringen Migrantenanteil zurückführen lässt. Katholische junge Frauen leben länger bei den Eltern Im Folgenden werden die Ergebnisse von Cox-Regressionen auf das Timing der Ereignisse Auszug aus dem Elternhaus, erste Heirat sowie erste, zweite und dritte Geburten von Kindern von Frauen prä-sentiert. Dazu werden jeweils drei Regres-sionsmodelle berechnet, die sukzessive erweitert werden. Im ersten Modell werden zunächst die Effekte von Geburtskohorten, im zweiten zusätzlich die Konfessionszu-gehörigkeit und im dritten Bildungsjahre 6 sowie die Wohnortgröße kontrolliert. Da die gesellschaftlichen Randbedingungen in der früheren DDR sich deutlich von denen in Westdeutschland unterschieden, werden im dritten Modell die Variablen zur Bildung und zur Wohnortgröße separat für den Zeitverlauf während des Bestehens der DDR (bis 1990) kontrolliert 7 . Die ausgewie-senen Effekte der Cox-Regressionen können als Multiplikatoren auf die Übergangsrate (Hazardrate) interpretiert werden. Ein Koef-fizient von 1,2 bedeutet dann eine um 20% höhere, ein Koeffizient von 0,8 eine um 20% niedrigere Hazardrate. Beim Auszug aus der elterlichen Wohnung steigt in der Kohortenfolge zunächst die Auszugsrate und sinkt dann bei der letz-ten Kohorte wieder ab (Tabelle 2: Modell 1.1). D. h. Frauen ziehen in der Abfolge der Kohorten zunächst immer früher aus dem Elternhaus aus und erst bei der jüngsten Kohorte ist wieder ein Aufschub zu erken-nen. Dabei unterscheiden sich alte und neue Bundesländer nicht signifikant. Hinsichtlich der Konfessionszugehörigkeit findet man signifikante Effekte: Die Hazardrate ist bei katholischen Frauen 16% niedriger und bei konfessionslosen 15% höher als bei evan-gelischen (Modell 1.2). Frauen in den alten Bundesländern, die in Großstädten leben, ziehen früher aus dem Elternhaus aus als Frauen aus kleineren Wohnorten (Modell 1.3). Ein vollständigeres Bild der Familien-biografie ergibt sich, wenn man Ereignisse, die die Familiengründung bestimmen, d. h. Heirat und die Geburt des ersten Kindes, in die Betrachtung einbezieht. So hat z. B. eine soziale Gruppe, die jung das Eltern-haus verlässt und spät heiratet bzw. Kinder bekommt, eine lange Phase eigenständigen Lebens außerhalb der traditionellen Famili-enformen, die durch hohe Anteile von Sin-gles, unverheiratet Zusammenlebenden und weiteren Lebensformen gekennzeichnet ist. Geringe Heiratsneigung bei konfessions-losen Frauen Bei der ersten Heirat von Frauen in West-deutschland ist nach einem Anstieg der Hazardrate bei Frauen der Kohorte 1942 bis Auszug Elternh. Auszug Elternh. Auszug Elternh. 1. Heirat 1. Heirat 1. Heirat Geburtskohorten 1932 -1941 (Referenz) 1 1 1 1 1 1 1942 -1951 1,22** 1,23** 1,22** 1,17*** 1,17*** 1,25*** 1952 -1961 1,49*** 1,48*** 1,47*** 0,81*** 0,81*** 0,90 1962 -1971 1,47 *** 1,44*** 1,43*** 0,52*** 0,52*** 0,59*** 1972 -1993 1,21 ** 1,20* 1,20* 0,35*** 0,35*** 0,40*** Ostdeutschland 1,02 0,88 0,95 1,18 1,33** 0,56*** 1942 -1951 * Ostd, 1,05 1,05 1,07 1,17 1,19 1,06 1952 -1961 * Ostd, 1,01 0,99 1,01 1,34* 1,39** 1,26 1962 -1971 * Ostd, 1,12 1,11 1,11 1,09 1,14 1,46** 1972 -1993 * Ostd, 0,76 0,76 0,72 0,45*** 0,46*** 1,00 Religionsgemeinschaft evangelisch (Referenz) 1 1 1 1 katholisch 0,84*** 0,85*** 1,03 0,98 andere christliche 1,05 1,03 1,62*** 1,58*** nicht-christliche 0,95 0,92 1,79*** 1,79*** keine 1,15** 1,13* 0,81*** 0,88* Bildungsjahre BRD 1,00 0,91*** Bildungsjahre DDR 1,00 0,99 Seite 4 ISI 54 -August 2015 1951 ein Trend zu einer immer geringeren Rate zu erkennen. Hier zeigt sich sinkende Heiratsneigung bei den jüngeren Geburts-jahrgängen (Modell 1.4). Bei der westdeut-schen Geburtskohorte von 1972 bis 1993 liegt die Heiratsrate um 65% niedriger als in der Referenzkohorte (Westdeutschland 1932 bis 1941). Noch deutlicher zeigt sich die gesunkene Heiratsneigung bei der jüngsten Frauenkohorte in den neuen Bundesländern: Die Hazardrate ist sogar um 84% (0,35*0,45) niedriger als in der Referenzkohorte. Mit den veränderten gesellschaftlichen Randbedin-gungen nach dem Beitritt zur Bundesrepu-blik werden in Ostdeutschland mittlerweile langfristige Bindungen durch eine Ehe sogar in noch spätere Lebensabschnitte verschoben als in Westdeutschland. Dage-gen war die Heiratsneigung bei der älteren ostdeutschen Frauenkohorte von 1952 bis 1961 noch höher als bei der entsprechenden westdeutschen Kohorte. Wie unterscheiden sich nun die Konfessio-nen? Katholikinnen heiraten nicht später als Protestantinnen (Modell 1.5). Unterschiede zwischen den beiden großen Volksreligi-onen erweisen sich als nicht signifikant. Dagegen liegt die Heiratsrate bei konfessi-onslosen Frauen um 19% niedriger als bei Frauen der Volksreligionen 8 . Die deutlich wachsende gesellschaftliche Gruppe der Konfessionslosen zeichnet sich damit durch eine besonders geringe Heiratsneigung aus. Dies entspricht durchaus den theoretischen Erwartungen, da bei geringerer religiöser Bindung das Abwägen zwischen verschie-denen Optionen neben der Ehe stärker zum Tragen kommen sollte und Entscheidungs-alternativen, z. B. für eine Erwerbskarriere, an Bedeutung gewinnen. Da konfessionslose Frauen nicht nur später heiraten als konfes-sionell gebundene, sondern auch früher das Elternhaus verlassen, ist bei ihnen die Phase eines eigenständigen Lebens außerhalb der traditionellen Ehe besonders ausgeprägt. Anders verhält es sich bei den wachsenden Gruppen der nicht-christlichen sowie ande-ren christlichen Religionsgemeinschaften. Sie unterscheiden sich im Heiratsverhalten deutlich von Mitgliedern der beiden großen Konfessionen und vor allem von konfes-sionslosen Frauen. Ihre Erstheiratsrate liegt um 79% bzw. 62% höher als bei der Referenzgruppe. Bei ihnen dürfte es sich überwiegend um Frauen mit Migrations-hintergrund handeln 9 . Inwieweit es religiöse Erwartungen sind, die das Verhalten strukturieren und zur frühe-ren Eheschließung führen, kann hier nicht identifiziert werden. Es kann allerdings aus einer strukturtheoretischen Perspektive der Frage nachgegangen werden, ob konfessio-nelle Unterschiede im Timing auf relevante sozialstrukturelle Differenzen zurückzufüh-ren sind. Modell 1.6 zeigt zunächst, dass die Zeit, die in die Ausbildung investiert wurde (Bildungsjahre), zwar keinen signi-fikanten Effekt für die frühere DDR hat, für die Bundesrepublik (einschließlich Ostdeutschland ab 1990) verringert sich allerdings erwartungsgemäß die Heirats-rate mit zunehmender Bildungsinvestition. Auch die Erwartung, dass Frauen in grö-ßeren Städten ab 50.000 Einwohner eine niedrigere Heiratsrate aufweisen als in kleineren Gemeinden bestätigt sich. Sind die signifikanten Koeffizienten der Konfes-sionszugehörigkeit nun auf Unterschiede bei Bildung und Wohnortgröße zurückzu-führen? Die Effekte für die verschiedenen Religionsgemeinschaften bleiben auch im erweiterten Modell signifikant und bei nicht-christlichen Religionsgemeinschaften ändert sich auch die Effektstärke nicht. Für andere christliche Religionsgemeinschaften verringert sich die Effektstärke um vier und bei Konfessionslosen um sieben Prozent-punkte. Für diese beiden Religionsgemein-schaften lassen sich Effekte zum Teil auf Bildung und Gemeindegröße zurückführen. Konfessionelle Unterschiede beim Heirats-alter von Frauen bleiben somit auch im vollständigen Modell erhalten und können nicht oder nicht vollständig auf die unter-suchten sozialstrukturellen Unterschiede zurückgeführt werden. Tendenz zur Familienerweiterung unter-scheidet Lebensverläufe von Frauen nicht-christlicher Religionsgemeinschaften In den Tabellen 3 und 4 sind wiederum je-weils drei Cox-Regressionsmodelle für die 6,6 Seite 3 (1.1) (1.2) (1.3) (1.4) (1.5) (1.6) Tabelle 2: Modell Tabelle 3: Stadt BRD (ab 50,000 Einwohner) 1,10* 0,82*** Stadt DDR (ab 50,000 Einwohner) 1,09 0,82* N Personen 2788 2788 2788 4544 4544 4544 N Ereignisse 2489 2489 2489 3517 3517 3517 Log Likelihood -17803,50 -17789,16 -17786,40 -26444,61 -26416,81 -26295,50 Chi2 86,99 115,30 122,47 530,95 587,43 793,75 Lebensformen neben der klassischen Ehe von Männern und Frauen und eine gesunkene Fertilität prägen in Deutschland die Diskussion um die moderne Familie. Kirchen und Religionsgemeinschaften beziehen durchaus Stellung zu Fragen von Familie und Fertilität, in besonderem Maße die katholische Kirche. Der Einfluss der Kirche auf das private Familienleben scheint allerdings rückläufig zu sein. In Deutschland weisen sinkende Mitgliederzahlen bei den großen Volkskirchen auf eine zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft hin. Vor diesem Hintergrund wird in diesem Beitrag der Frage nachgegangen, inwieweit sich in Deutschland Angehörige verschiedener Konfessionen hinsichtlich familienbiografischer Ereignisse unterscheiden. Auch wenn man von einem schwindenden Einfluss der Amtskirchen auf den Lebensalltag der Kirchenmitglieder ausgeht, könnten spezifische Verhaltensvorgaben oder auch eher allgemeine normative Erwartungen einen Niederschlag im Verhalten mit sich bringen. Entgegen dem Säkularisierungstrend haben in den letzten Jahrzehnten durch Zuwanderungsprozesse religiöse Gruppen, die nicht zu den beiden großen Kirchen gehören, an Bedeutung gewonnen. Auch hier stellt sich die Frage, ob sich dies in den Familienbiografien in Deutschland niederschlägt. Dieser Beitrag hat Entwicklungsphasen im Blickfeld, die durch die Ereignisse Auszug aus dem Elternhaus, Eheschließung und Geburt von Kindern gekennzeichnet sind. Welche Rolle spielt die Konfessions-bzw. Religionszugehörigkeit für das Timing dieser familienbiografischen Ereignisse? sionelle Bindung weiter verbreitet als in den neuen Bundesländern und der Einfluss der Kirche auf viele Aspekte des Lebens ausgeprägter. Insbesondere der Schwangerschaftsabbruch wird von den großen Volkskirchen abgelehnt. Deutlich und mit offizieller Lehrmeinung äußert sich die katholische Kirche zu Familie und Geburten (McQuillan 2004). Sie stützt die Ehe und lehnt den Gebrauch nicht natürlicher Maßnahmen zur Geburtenkontrolle, außereheliche Sexualität und wechselnde oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften ab. Auch wenn viele Katholiken diese Vorgaben nicht oder nicht in vollem Umfang praktizieren, kann man annehmen, dass Werthaltungen und Verhalten der Kirchenmitglieder nicht unabhängig von der konfessionellen Bindung sind und die gewählte Lebensform beeinflussen. Andere christliche Religionen haben weniger restriktive Sichtweisen hinsichtlich der Verhütung, aber auch eine strenge Ablehnung von Schwangerschaftsabbruch. In der Islamischen Lehre wird zwar keine universelle Position vertreten, allerdings finden sich in 3 . Die individuellen Familienbiografien werden mit den Methoden der Ereignisanalyse analysiert (Blossfeld et al. 2007). Dabei werden auch rechtszensierte Fälle, bei denen das Ereignis bis zum Befragungszeitpunkt noch nicht eingetreten ist, für die Berechnung verwendet. Dies ist insbesondere bei jungen Geburtsjahrgängen von Bedeutung. Exponentiated coefficients; * p < 0.05, ** p < 0.01, *** p < 0.001 Datenbasis: Allbus 1980 -2012 (kumuliert); doi: 10.4232/1.11898 Alter von Frauen bei der Geburt des 1. und 2. Kindes -Cox-Regressionen Seite 5 erste bis zur vierten Geburt von Kindern dargestellt. In den ersten Modellen, bei denen nur die Kohortenzugehörigkeit kon- trolliert wird, zeigen die Koeffizienten den Rückgang der Geburtenneigung über die Geburtskohorten hinweg. Der Rückgang der Geburtenneigung zu dritten und vierten Kindern ist dabei frühzeitig -bereits bei den älteren west-und ostdeutschen Frauenko- horten -schon deutlicher ausgeprägt als bei ersten und zweiten Kindern. Zieht man das erste Kind in Betracht, ist die Hazardrate in der jüngsten Kohorte am niedrigsten. Dabei sind immer noch Unterschiede zwi- schen alten und neuen Bundesländern zu erkennen. Obwohl bei ostdeutschen Frauen der (xsd:string)
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