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  • Die seit 1991 unabhängige Kirgisische Republik verfügt über keine Geschichte nationaler Eigenstaatlichkeit. Vielmehr basiert die heutige territoriale und nationale Existenz Kirgistans auf einer Schöpfung von zwischen 1924 und 1936 erlassenen Dekreten, die nicht nur die Grenzen, sondern auch die Titularethnie der Kirgisen definierten. Den Menschen Zentralasiens war bis ins 20. Jahrhundert hinein das Prinzip des Nationalstaates fremd. Ihre Loyalitäten galten der Familie, dem Klan oder dem Stamm. Das Sowjetregime stellte sich die Aufgabe, die existierenden Identitäten in einer dem Aufbau des Sozialismus förderlichen Art umzuarbeiten und betrieb eine Politik der "doppelten Assimilation": Einerseits bekämpfte es religiöse und ethno-kulturelle Bindungen zur Schaffung einer anationalen sozialistischen Union, was gleichzeitig mit einer Russifizierung einherging. Andererseits schuf es erst die Ausbildung von Nationen und nationalen Identitäten. Nach dem Ende der Sowjetunion mussten die politischen Eliten des unabhängigen Kirgistans den vordergründigen ethno-nationalen Identitäten Tiefe und Legitimität verleihen. Folglich suchten sie bei diesem bis heute andauernden Prozess der Nationenbildung nach Identität stiftenden Symbolen und Traditionen. Dabei nehmen sie historische Brüche in Kauf, erfinden retrospektiv geschichtliche Bezugspunkte und umgehen die jüngste Vergangenheit, um die eigene Nation zu glorifizieren, eine jahrhundertealte Staatlichkeit zu konstruieren und die Herrschaft des Regimes zu legitimieren. Zu den Maßnahmen zählen die Umbenennung von Orts- und Straßennamen, die Schöpfung neuer Nationalsymbole und der Rückgriff auf vorsowjetische Heldenepen, um eine gemeinsame historische Erfahrung herzustellen. Allerdings ist der ethnisch basierte Nationalitätsdiskurs ein potenzielles Problemfeld angesichts des multi-ethnischen Charakters Kirgistans, da er alle nicht-kirgisischen Bürger ausschließt. Andererseits ist er jedoch auch ein politisch gewolltes Mittel zur Festigung der Integrität des Landes, das durch einen Nord-Süd-Gegensatz und nach wie vor existierende subnationale Identitäten und Loyalitäten zu Klans, Stämmen oder regionalen Bündnissen geprägt ist. Im Vergleich mit anderen Identitätsdiskursen wie dem Pantürkismus oder dem Islam scheint sich der Nationalismus jedoch zunehmend als die stärkste Ideologie der postkolonialen Periode durchzusetzen. (Autorenreferat) (xsd:string)
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  • 2007 (xsd:gyear)
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  • Die Erfindung Kirgistans und der unvollendete Prozess der Nationenbildung (xsd:string)
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  • In: Europa Regional, 15.2007, 2007, 4, 209-223 (xsd:string)
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