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  • 'Zweifelsohne gilt der seit 1917 in staatlicher Form ausgetragene Ost-West-Konflikt heute als überwunden. Weitaus schwieriger verhält es sich allerdings mit einer Bewertung der Entwicklung 'unterhalb' dieser Ebene. Die gegenwärtige Entwicklung in Rußland verdeutlicht, daß das Ost-West-Verhältnis bis heute von einer latenten Konflikthaftigkeit geprägt ist. Diskussionen über die künftigen Beziehungen zwischen Rußland und Europa gewinnen an Bedeutung. Die Ost-West-Thematik nimmt neue Dimensionen an, die Auseinandersetzung wird in den Bereich der kultur- und geschichtsphilosophischen Reflexion verlagert. Lew Karsawin (1882-1952) gehört zu jenen Vertretern der russischen Geistesgeschichte, deren Anschauungen die durch viele Besonderheiten und Ambivalenzen gekennzeichnete historisch-kulturelle Tradition ihres Landes geprägt haben, ohne deren Kenntnis man insbesondere die wachsenden Schwierigkeiten der Reformprozesse in Osteuropa kaum adäquat verstehen und beurteilen kann. Als Zeitzeuge großer historischer Ereignisse (Erster Weltkrieg, Oktoberrevolution in Rußland, revolutionäre Ausbrüche in Westeuropa) konnte er diese in ganz unmittelbarer Weise in seine geschichtsphilosophische Reflexion einbeziehen. Die Analyse von Karsawins Werken vermittelt einen repräsentativen Einblick in die Diskussion über Universalität und Einzigartigkeit der russischen Geschichte. Auf der Suche nach ihrem Sinn bewegt sich Karsawin im Spannungsfeld zwischen Rationalität und Irrationalität, zwischen dem traditionellen Messianismus der 'russischen Idee' und der Akzeptanz anderer Kulturen. Er widmet sich der Frage, ob Revolutionen Ausdruck spontaner Naturgewalt oder aber göttlicher Vorsehung sind, ob sie von den Volksmassen getragen werden oder aber von deren Führern. Es drängen sich historische Parallelen zwischen der Französischen Revolution, der russischen Oktoberrevolution und der Perestroika Gorbatschows auf. Das gegenwärtig wachsende Interesse an Karsawin wird zu einem nicht geringen Teil durch dessen Zusammenarbeit mit den Eurasien begründet, deren führender Theoretiker er von 1926 bis 1929 in Paris war. Unter diesem Namen wurden in der russichen Emigration nach 1917 jene konzeptionellen Ansätze bekannt, die eine Art dritten Weg in bezug auf die Interpretation der russischen Geschichte im Verhältnis zwischen Ost und West - bei stärkerer Gewichtung Asiens - suchten. Als Quellen dienen vorwiegend Karsawins Werke, die z. T. in jüngster Zeit wieder veröffentlicht wurden, and andere relevante russische Publikationen.' (Autorenreferat) (xsd:string)
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  • 1996 (xsd:gyear)
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  • Lew Karsawin und die russische 'Einzigartigkeit' (xsd:string)
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